Wie macht man das Wohlbefinden messbar? Forschende arbeiten dafür an einer weltweiten Langzeitstudie. Erste Ergebnisse zeigen, dass es jungen Menschen – anders als erwartet – gerade nicht so gut geht in Sachen Wohlbefinden.
Flourishing heißt übersetzt so viel wie "aufblühend". Ein internationales Team aus Forschenden will wissen, wann wir in der Blüte unseres Lebens stehen. Also, wann im Leben wir einen Zustand erreicht haben, in dem wir alle Aspekte unseres Lebens als gut bezeichnen würden und woran das liegt.
Dazu arbeiten die Forschenden an der "Global Flourishing Study". Das ist eine Langzeitstudie, für die sie regelmäßig rund 200.000 Personen aus 22 Ländern befragen, darunter auch Deutschland. Die ersten Ergebnisse wurden jetzt veröffentlicht.
Deutschland auf Platz 17 von 22
Danach liegt Indonesien auf Platz eins, dahinter kommen Mexiko und die Philippinen. Deutschland liegt auf Platz 17. Für ihre Studie haben die Forschenden sechs Dimensionen untersucht:
- Lebenszufriedenheit
- mentales und physisches Wohlbefinden
- das Empfinden von Sinn im Leben
- Charaktereigenschaften
- enge soziale Beziehungen
- finanzielle Sicherheit
"In wohlhabenden Ländern läuft es in den sozialen Beziehungen oft schlechter."
Die Ergebnisse jetzt deuten darauf hin, dass sich der Reichtum eines Landes zum Beispiel nicht direkt auch auf die Zufriedenheit der Menschen dort überträgt. Im Schnitt empfinden Menschen in wohlhabenden Ländern weniger stark einen gefühlten Sinn in ihrem Leben. Japan bildet zum Beispiel das Schlusslicht in diesem Aspekt. Im Vergleich dazu: Indonesien – mit nicht mal einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf – die Spitze. Auch was enge soziale Beziehungen angeht, schneiden wohlhabende Länder oft schlechter ab.
Allerdings sind die Angaben zur Zufriedenheit subjektiv und auch von der Kultur geprägt. Das sollte bei solchen Rankings beachtet werden, sagt Leonie Steckermeier, Juniorprofessorin für Angewandte Soziologie an der TU Kaiserslautern-Landau. "Es gibt Regionen, in denen Menschen dazu neigen, nicht die höchste Kategorie zu wählen. In asiatischen Gesellschaften zum Beispiel würde es als unhöflich betrachtet, wenn man die Zehn ankreuzt auf einer Lebenszufriedenheit-Skala."
Junge Menschen eher unzufrieden
Bei den Ursachen für das allgemeine Wohlbefinden fällt weltweit gesehen aber ein Zusammenhang auf. Besonders glücklich sind Menschen, die verheiratet sind, die eine Arbeit haben oder in Rente sind und religiös sind. In den meisten Ländern sind die Menschen in einem höheren Alter in einem Flourishing-Zustand, ab 60 Jahren aufwärts. Häufig liegt das an einer Art innerem Frieden, den Menschen im Alter finden, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Jens Többen.
Bisher haben Untersuchungen auch gezeigt, dass der Verlauf von Lebenszufriedenheit und Alter U-förmig ist. Das bedeutet: Am Anfang und Ende des Lebens geht es Menschen besser als in der Mitte. Die aktuellen Daten aus der Global Flourishing Study zeigen hingegen: Jungen Menschen geht es schlechter. "Dieser Bonus der jungen Leute ist irgendwo abhandengekommen. Die haben eine schlechtere mentale Gesundheit als alle jüngeren Altersgruppen vor ihnen. Die sind weniger zufrieden mit ihrem Leben. Die sind weniger glücklich. Jetzt wissen wir auch, dass sie weniger florieren. Und das ist natürlich besorgniserregend, weil das vorher nicht so war", so Leonie Steckermeier.
Wie sich diese Erkenntnis entwickelt, werden die nächsten Befragungen zeigen. Für die Studie sollen dieselben Teilnehmenden einmal im Jahr erneut befragt werden.