Berlin hat als erste deutsche Stadt die Zahl der Obdachlosen ermittelt, um die Hilfsangebote zu verbessern. Die Daten geben auch Auskunft über das Alter und Geschlecht der Menschen, die auf der Straße leben.
Die Berliner Senats-Sozialverwaltung wollte genauer wissen, wie viele Menschen ohne Obdach in der Stadt leben. Sie hat eine Zählung initiiert. Das Ergebnis: Es sind 1976. Im Vorfeld wurden bis zu 10.000 Obdachlose geschätzt, gezählt wurden also deutlich weniger.
Für die Zählung gingen Mitarbeiter in der Nacht des 29. Januar durch Berlin und registrierten Menschen, die auf den Straßen leben.
"Eine konkrete Zahl kriegen wir nur, wenn wir in einer Nacht durch die Straßen Berlins gehen und die Menschen registrieren, die auf den Straßen Berlins leben."
Stefan Strauß von der Berliner Senats-Sozialverwaltung geht davon aus, dass in Berlin aber noch mehr Obdachlose leben, als gezählt wurden. Ihre Aktion hätten sie außerdem angekündigt und damit Obdachlosen bewusst die Chance gegeben, sich der Zählung zu entziehen.
Manche hatten zum Beispiel die Sorge, dass eine Zählung dazu führen könnte, dass sie von ihren Platzen vertrieben werden. Das würde aber nicht passieren, versichert Stefan Strauß. Dennoch habe man jetzt eine Zahl, mit der gearbeitet werden könne.
Mehr als die Hälfte zwischen 30 und 49
Im Mittelpunkt der Aktion habe außerdem eine Befragung gestanden. Jeder dritte habe daran teilgenommen. Abgefragt wurden unter anderem das Alter, Geschlecht, Herkunft und Dauer der Obdachlosigkeit, sagt Stefan Strauß.
Noch seien die Interviews in der Auswertung. Aber schon jetzt falle als Besonderheit auf, dass 56 Prozent der Befragten zwischen 30 und 49 Jahren alt und 14 Prozent weiblich sind. Fast die Hälfte hat seit mehr als drei Jahren keine feste Wohnung mehr.
Gezählt wurden die Obdachlosen in hunderten Zählräumen. Die jetzt erhobenen Daten würden noch nicht ausreichen, um Hilfsangebote zu verbessern. In einem zweiten Schritt wolle die Stadt darum herausfinden, wo genau die Obdachlosen auf der Straße schlafen. Im Gegensatz zu früheren Annahmen übernachten viele Obdachlose auch außerhalb der Innenstadt, sagt Stefan Strauß.
"Früher haben immer alle gedacht, Obdachlose sind nur in der Innenstadt anzutreffen. Das stimmt nicht. Sie sind wirklich in der ganzen Stadt verteilt."
"Früher haben immer alle gedacht, Obdachlose sind nur in der Innenstadt anzutreffen. Das stimmt nicht. Sie sind wirklich in der ganzen Stadt verteilt", sagt Stefan Strauß von der Berliner Senats-Sozialverwaltung: Erst wenn die Aufenthaltsorte bekannt sind, könnten in Abstimmungen mit anderen Behörden und Verbänden etwaige Hilfsangebote auch gezielt vor Ort ausgebaut werden.
Freiwillige Helfer waren beeindruckt
Insgesamt 2600 Freiwillige hätten bei der Zählung teilgenommen. Diese seien teils sehr beeindruckt gewesen. Für viele sei es auch die erste Begegnung mit Menschen gewesen, die nachts auf der Straße schlafen. Die Helfer hätten auch von Obdachlosen berichtet, die bereit waren, weit aus mehr Auskünfte über ihre oft sehr bewegte Lebensgeschichte zu geben, als nur Fragen zu beantworten.
"Obdachlose haben oft eine sehr bewegte und tragische Lebensgeschichte, die letztendlich dazu geführt hat, die Wohnung, das Haus zu verlieren und irgendwann auf der Straße zu leben."
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