Der Wecker klingelt um 6 Uhr und schon um 8 Uhr beginnt der Schul-, Uni- oder Arbeitstag. So ist es an vielen Orten in Deutschland üblich. Aber der frühe Start macht späten Schlaftypen und vor allem Jüngeren zu schaffen. Wie geht es besser?
Schlafforschende machen schon lange darauf aufmerksam und viele kennen es aus der eigenen Schulzeit: Die Schule in Deutschland beginnt zu früh – zumindest, wenn wir auf die Biologie der Inneren Uhr von Schüler*innen ab der Pubertät schauen. Schlafforscherin Christine Blume von der Universität Basel plädiert für einen späteren Start zur zweiten Stunde.
"Ich würde aus Sicht des Forschungsstandes immer zu einem späteren Beginn raten und die klassische erste Stunde weglassen."
Christine Blume berät als Schlafforscherin Schulen, die sich einen Rat einholen und neue Konzepte ausprobieren wollen. Sie ist auch großer Fan von einem Konzept, das eine Schule in Nordrhein-Westfalen eingeführt hat. Dort gibt es einen flexiblen Schulbeginn: Die Schüler*innen dürfen selbst entscheiden, ob sie zur ersten oder zur zweiten Stunde anfangen wollen, denn es gibt an der Schule sowieso eine gewisse Zeit, die für freies Lernen genutzt wird.
"Das System finde ich toll, weil man dann wirklich von Tag zu Tag entscheiden kann, vielleicht ja auch je nach Freizeitplanung."
Auch für Unis und Firmen empfiehlt die Schlafforscherin flexible Konzepte. Denn der Chronotyp eines jeden Menschen ist sehr individuell – das heißt, wann wir einschlafen können und wann wir bereit sind, aufzustehen, ist auch genetisch bedingt.
Die Innere Uhr ist altersabhängig
Auch das Alter beeinflusst, ob wir eher eine "Lerche" oder eine "Eule" sind. Jüngere Kinder sind eher Frühtypen, sie haben in der Regel keine Probleme mit einem frühen Schulbeginn, denn sie können früh einschlafen und kommen auf die neun bis elf Stunden Schlaf, die sie benötigen. Ab der Pubertät wechselt der Chronotyp aber und neigt sich ins Gegenteil. Die meisten haben eine Lerchen-Tendenz und können nicht so früh schlafen gehen, dass sie trotz des frühen Schulstarts auf ausreichend Schlaf kommen.
"Das ist dann das Alter, in dem ein früher Schulbeginn wirklich unangenehm wird."
Mit Anfang 20 ist der Chronotyp dann maximal spät. Je älter wir werden, desto mehr kehrt sich diese Entwicklung dann wieder zurück und wir werden nach und nach wieder zu Frühtypen. In jedem Alter ist der Chronotyp aber dennoch sehr individuell und kann auch von diesen Tendenzen abweichen. Wer seinen Chronotyp herausfinden möchte, kann diesen Test machen.
Nachteile des "sozialen Jetlags"
Schlafforscherin Christine Blume würde sich wünschen, dass auch Arbeitgeber*innen mehr auf den Schlaf ihrer Angestellten achten würden. Denn wer ausgeschlafen ist und zu einer Zeit arbeitet, die gut zum eigenen Typ passt, kann nicht nur mehr Motivation und Konzentration aufbringen, sondern tut auch etwas für seine Gesundheit. In Studien konnte ein Zusammenhang zwischen dem sogenannten "sozialen Jetlag" und verschiedenen Erkrankungen wie Übergewicht oder Stoffwechselerkrankungen gezeigt werden.
"Als sozialen Jetlag bezeichnen wir die Veränderung des Schlaf-Timings zwischen Arbeitstagen und freien Tagen."
Das Problem: "Viele Menschen schlafen an Arbeitstagen eben nicht entsprechend des Rhythmus ihrer inneren biologischen Uhr", sagt Christine Blume. Eine optimale Arbeitswelt stellt sich die Schlafforscherin so vor: "Da darf man sich die Zeit, zu der man anfangen möchte, selbst aussuchen. Und vielleicht sogar die Aufgaben so über den Tag verteilen, dass man eine Aufgabe immer dann erledigt, wenn man in dem Aufgabenbereich maximal leistungsfähig ist."
Warum es sogar der Wirtschaftsleistung eines Landes schadet, wenn die Menschen gegen ihren Rhythmus leben und welche Tricks ihr anwenden könnt, wenn ihr sehr früh arbeiten müsst, das aber gegen eure innere Uhr läuft, das besprechen Schlafforscherin Christine Blume und Host Ilka Knigge in dieser Folge Über Schlafen.
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