"Der oder die ist aber arrogant oder langweilig", denken wir manchmal, wenn wir jemanden kennenlernen. Dann vergeht etwas Zeit und es entsteht ein komplett anderes Bild. Nur durch diesen „zweiten Blick“ wurden Melissa und Ann-Vivien Freundinnen. Persönlichkeitspsychologe Richard Rau weiß, wie trügerisch manchmal der erste Eindruck ist.
Der erste Eindruck von einem Menschen entsteht durch eine Reihe wenig erforschter Gehirnverarbeitungsprozesse. Persönlichkeitspsychologe Richard Rau erklärt, dass uns etwa der Gesichtsausdruck, die Stimme, das eigene Schönheitsbild oder Pheromone beeinflussen können.
Die Informationen, die wir als erstes von unserem Gegenüber erhalten, formen sich innerhalb weniger Sekunden zu einer Art Bauchgefühl.
"Ja, es gibt zunächst mal den ersten Blick – das ist, wenn wir ganz unweigerlich, wenn wir jemanden kennenlernen, ein Bauchgefühl bekommen."
Diese erste intuitive Ebene beim Kennenlernen eines neuen Menschen, ist eine Wertungsebene, so Richard Rau.Wir bilden uns ein erstes Urteil.
Wer sich dann weiter kennenlernt, der eröffnet eine weitere Ebene. Beim zweiten Blick auf einen Menschen geht es um den Austausch von Informationen wie Interessen oder Lebensvorstellungen. Auf der Basis solcher Informationen treffen wir dann nuanciertere Urteile über andere Menschen. Wir schaffen oder verwerfen den Grund für eine zwischenmenschliche Beziehung.
Freundschaft auf den zweiten Blick
Melissa und Ann-Vivien haben sich mit 17 durch eine gemeinsame Freundin bei einem Clubbesuch kennengelernt. Beidseitiger erster Eindruck: unsympathisch.
Auch bei weiteren Treffen sprachen sie nur das Nötigste miteinander. Bis ihre gemeinsame Freundin eine Verabredung mit Melissa für ein Hamam absagte und Ann-Vivien einsprang.
Im Hammambad haben Ann-Vivien und Melissa zunächst darüber gequatscht, dass sie sauer auf ihre Freundin waren. Anschließend merkten sie aber, wie viele Gemeinsamkeiten es gibt: Besonders die Liebe zu Harry Potter und Raclette war wichtig, erzählen beide. Heute, Jahre später, machen sie immer noch regelmäßig gemeinsam Raclette, und das auch im Sommer.
Negativer oder positiver erster Eindruck
Wer zunächst einen negativen ersten Eindruck hat, so wie Ann-Vivien und Melissa, mag die andere Person häufig gar nicht weiter kennenlernen. Dabei kann der erste Eindruck auch ein falscher sein.
Mit einer neuen App, die versucht, dem ersten Bauchgefühl auf die Spur zu kommen, kann jeder seine Menschenkenntnis testen und verbessern, sagt Richard Rau.
"Für mich hat es einfach null Komma null geflowt, und ich fand sie unsympathisch."
Übrigens gibt es auch Menschen, die einen überaus positiven ersten Eindruck hinterlassen. In der Wissenschaft wird das „Halo-Effekt“ genannt: Wer so unglaublich sympathisch und cool rüberkommt, den wollen wir natürlich kennenlernen. Wenn es dann zu Aussagen kommt, mit denen wir eigentlich nicht übereinstimmen, dann drehen wir uns diese dennoch ins Positive. So nehmen wir diese Menschen weiterhin total sympathisch wahr.
Ann-Vivien und Melissa jedenfalls sind heute total dankbar dafür, dass sie sich nicht auf den ersten Eindruck voneinander verlassen haben. Mittlerweile sind sie beste Freundinnen, unterstützen sich in jeder Lebenslage und fühlen sich seit 13 Jahren wie Schwestern.
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