Der Völkerbund von 1920 sollte eine friedlichen Nachkriegsordnung institutionalisieren. Die Idee wirkt bis heute – nur ihre Macht bleibt überschaubar. Sie war es schon bei der Gründung.
Als die Delegierten der 32 Gründungsmitglieder des Völkerbunds Anfang Januar 1920 in Genf eintreffen, ist der Erste Weltkrieg seit gut einem Jahr beendet. Am Quai du Mont Blanc vor dem altehrwürdigen Hôtel National hält eine Limousine nach der anderen.
Dunkel gekleidete Herren steigen aus und eilen geschäftig in den Konferenzraum. Als Konsequenz aus dem verheerenden Ersten Weltkrieg wollen sie eine Institution gründen, in der zwischenstaatliche Konflikte mit friedlichen Mitteln geregelt und beigelegt werden können.
Von Hugo Grotius zu Immanuel Kant
Die Idee ist nicht neu. Schon im 16. Jahrhundert hatte der holländische Philosoph Hugo Grotius den Gedanken des Völkerrechts, auf dem auch der Völkerbund basiert, entwickelt. Er schrieb von internationalen Gewässern, die keinem Land gehören und auf denen Freihandel grundsätzlich möglich sein müsse.
"Es wirkt sich äußerst negativ aus, dass ausgerechnet die USA aus innenpolitischen Gründen den Eintritt in den Völkerbund ablehnten."
Rund 200 Jahre später verfasste der Königsberger Aufklärer Immanuel Kant seine Schrift vom "Ewigen Frieden". Auch darin ist das Völkerrecht die Grundlage des Friedens. Nach dem Völkerrecht ist jedes Land – unabhängig von seiner Größe oder wirtschaftlichen Erfolgen – gleichrangig, und die Grenzen müssen respektiert werden.
Eine Institution ohne Biss
Auf dieser Basis wurde 1920 der Völkerbund ins Leben gerufen, aber er scheiterte am eigenen Anspruch. Nicht alle Großmächte – allen voran die USA – waren Völkerbundsmitglieder, die meisten Staaten handelten im Eigeninteresse, das Verbot zur Kriegsführung wurde gar nicht erst erhoben und die weitreichenden Abrüstungsforderungen ignoriert. Insofern war der Völkerbund ein zahnloser Tiger.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Der Heidelberger Historiker Manfred Berg beschreibt den Urheber der Völkerbundsidee, den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson.
- Hans-Christof Kraus beschäftigt sich mit der Funktionsweise des Völkerbunds, seinen Erfolgen und Misserfolgen.
- Der Genfer Historiker Matthias Schulz beschreibt das Verhältnis der Deutschen zum Völkerbund.
- Der Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld erinnert an die Ideen zum Völkerrecht, die die Grundlage des Völkerbunds waren.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Esther Körfgen erinnert an den 10. Januar 1920, als sich in Genf der Völkerbund konstituierte.