Monja, 27, top ausgebildet – und trotzdem seit Wochen ohne Job. Sie ist nicht allein: 17 Prozent weniger offene Stellen als 2024, 190.000 mehr Arbeitslose. Laut Experten könnte die Zahl diesen Sommer erstmals seit zehn Jahren wieder über drei Millionen steigen. Warum trifft es gerade Berufseinsteiger?
Als Junior-Social-Media-Managerin kümmert sich Monja für eine Frankfurter Agentur um den Social-Media-Auftritt eines Kunden, einer Automobil-Herstellerfirma.
"Ein Schlag ins Gesicht, gerade wenn man so viel hineininvestiert hat."
Als die Agentur einen großen Auftrag verliert, bekommt sie im Mai 2025 die Kündigung, das gesamte Social-Media-Team der Agentur muss gehen. Für Monja ist das ein harter Schlag. Trotz guter Ausbildung und Masterabschluss in Marketing- und Contentstrategie spürt sie mitunter Existenzängste.
"Eigentlich gehen Arbeitslosenzahlen normalerweise zurück, so zwischen Mai und Juni. Aber die Arbeitslosenzahlen sind halt nicht zurückgegangen."
Seit ihrer Kündigung bestimmt die Jobsuche Monjas Alltag. Sie hat schon über 70 Bewerbungen abgeschickt und viele Absagen erhalten. Das nagt an Selbstvertrauen und Zuversicht.
"Es ist deprimierend, wenn man so viele Absagen bekommt. Ich habe jetzt ein paar Gespräche gehabt: Das pusht dann das Ego wieder und man hat wieder Hoffnung."
Täglich checkt sie Jobportale und ihren E-Mail-Account – mit der Hoffnung auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch. Sie pflegt auch eine Übersichtsliste, in der sie vermerkt, wie der Stand bei einer jeweiligen Bewerbung gerade ist. Monja kennt einige, die sich über einen längeren Zeitraum erfolglos bei Firmen beworben haben.
"Wir haben einfach viel, viel weniger offene Stellen: 17 Prozent weniger."
Im Normalfall gehen die Arbeitslosenzahlen in den Monaten Mai und Juni etwas zurück, sagt der Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven. Doch das ist in diesem Jahr nicht passiert. Darüber hinaus gibt es 17 Prozent weniger freie Stellen als im vergangenen Jahr, erklärt der Wirtschaftsjournalist.
In Krisenzeiten: Bestehende Arbeitsplätze sichern, keine neuen schaffen
Das hängt unter anderem damit zusammen, dass viele Firmen in unsicheren Zeiten versuchen, die bestehenden Arbeitsplätze zu sichern, zum Beispiel auch durch Teilzeitregelungen. Wenn die Wirtschaft schwächelt, werden zum Beispiel auch keine neuen Jobs geschaffen. Also die Jobs, die auch häufig mit Berufseinsteigern besetzt werden, so Nicolas Lieven.
Und so kommt es, dass Experten davor warnen, dass die Zahl der Arbeitslosen in diesem Sommer erstmals seit Jahren wieder die Drei‑Millionen‑Marke überschreiten könnte.
Kriege und Krisen verunsichern die Menschen - weniger Konsum ist die Folge
Das hängt damit zusammen, dass die deutsche Wirtschaft stagniert und zudem noch stark abhängig von der chinesischen Wirtschaft ist, die derzeit auch schwächelt. Und Deutschland befindet sich zudem in einer starken Abhängigkeit von den USA. Als Exportland sind wir darauf angewiesen, dass unter anderem die USA deutsche Waren importieren, sagt Nicolas Lieven.
Hohe US-Zöllen könnten deutsche Wirtschaft in die Knie zwingen
Die von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zölle könnten die wirtschaftliche Lage zudem noch erschweren, sagt Nicolas Lieven. "Wenn das so kommen sollte, wie er es angedroht hat, 30 Prozent Zölle auf alles, was aus der EU kommt, dann gehen wir noch einmal richtig in die Knie mit der Wirtschaft", sagt der Wirtschaftsjournalist.
Nicht nur das Exportgeschäft ist wichtig für die deutsche Konjunktur, die seit zwei Jahren schwächelt. "In diesem Jahr kriegen wir vielleicht eine Null hin", sagt der Wirtschaftsjournalist Nicolas Liven, also ein Null-Wachstum, gleichbedeutend mit wirtschaftlicher Stagnation. Ob das klappt, hängt aber auch von Donald Trumps Entscheidung zu europäischen Zöllen ab, sagt der Wirtschaftsjournalist.
Die Branchen, die uns stark gemacht haben, trifft es am härtesten
Die Branchen, die uns eigentlich sehr viele Jahre stark gemacht haben, trifft es jetzt besonders hart, sagt Nicolas Lieven: Das sind unter anderem die Bau-, Chemie- und Pharmabranche. Einerseits gibt es Unternehmen, die Stellen abbauen müssen und Probleme damit haben, bestehende Arbeitsplätze zu sichern.
Andererseits herrscht auch ein großer Fachkräftemangel: Rund 600.000 Fachkräfte fehlen in Bereichen wie Tourismus, Gastronomie, in sozialen Berufen, in der Pflege, in den Krankenhäusern. Und auch an Erziehern und Lehrkräften mangelt es akut. Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven ist auch skeptisch, ob sich diese Lücke überhaupt schließen lassen kann.
Damit sich das ändern kann, ist es vor allem wichtig, dass die Wirtschaft wieder Fuß fasse, sagt Nicolas Lieven. Das gelingt aber nicht, wenn die Energiepreise zu hoch sind, den das treibt wiederum die Produktionskosten in die Höhe.
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