Im Mai 2020 zeigte sich, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Jugendarbeitslosigkeit hat: Sie steigt. Die Bundesregierung sieht ihre aktuelles Konjunkturpaket als richtigen Weg an, um U-25-Jährigen mehr Perspektive zu geben, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil im Deutschlandfunk-Nova-Interview.

Im März 2020 lag die Jugendarbeitslosenquote der 15 bis 24-Jährigen in Deutschland bei 5,6 Prozent, meldet Statista und bezieht sich dabei auf Eurostat. Verglichen mit anderen Ländern der Europäischen Union (EU) wie etwa Spanien (33,1 Prozent) oder Frankreich (20,4 Prozent) ist das wenig.

Ein Hauptgrund für die relativ geringe Arbeitslosigkeit unter den deutschen 15- bis 24-Jährigen ist der demografische Wandel. Je weniger Schulabgänger und Studierende es gibt, desto höher ist die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt um sie.

Corona-Pandemie erhöht Jugendarbeitslosigkeit

Durch die Corona-Pandemie ist das Verhältnis aktuell allerdings gekippt. Im Mai 2019 waren in Deutschland rund 190.000 Menschen unter 25 Jahre arbeitslos gemeldet. Ein Jahr später ist die Zahl im Mai 2020 auf 275.000 gestiegen, wie die Bundesagentur für Arbeit meldet.

Schutzschirm der Bundesregierung

Mit einem großen Konjunkturprogramm möchte die Bundesregierung auf diesen Anstieg während der Corona-Pandemie jetzt ausgleichen. Im Blick hat sie dabei unter anderem die Ausbildungsplätze. Durch Prämien von insgesamt 500 Millionen Euro möchte die Bundesregierung kleine und mittelständische Unternehmen fördern, die neue Azubis aufnehmen.

Das Ziel ist es, um jeden Ausbildungsplatz zu kämpfen, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Den Zuschuss in Höhe von 2000 bis 3000 Euro sieht er als Anreiz für Unternehmen, weiter auszubilden und in ihrem eigenen Interesse für mehr Fachkräfte zu sorgen.

Innerhalb der EU Arbeitsplätze für U-25-Jährige schaffen

Ähnlich Maßnahmen aus Kurzarbeit und Schutzschirmen durch Prämien wie in Deutschland kann sich der Bundesarbeitsminister auch für die gesamte EU vorstellen. Ab dem 1. Juli 2020 übernimmt Deutschland für ein halbes Jahr den EU-Ratsvorsitz. Dann soll es auch um eine grenzüberschreitende Ausbildung innerhalb der EU gehen. Also zum Beispiel, Auszubildende aus Spanien nach Deutschland zu bringen, und die Jugendarbeitslosenquote langfristig auch EU-weit zu senken.

Unabhängig vom Ausbildungsland ist für Hubertus Heil eines entscheidend: Ein Corona-Jahrgang soll keine Alternative werden. Der Bundesarbeitsminister wünscht sich daher generell eine Aufstockung der finanziellen Hilfen.

"Egal ob die jungen Leute aus Magdeburg, Mailand oder Madrid kommen - alle brauchen eine Perspektive."
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales

Viele Expertinnen und Experten betrachten besonders die kommenden Monate kritisch. "Beim Thema Jugendarbeitslosigkeit kommt noch ganz viel auf Deutschland zu", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporter Nicolas Lieven. Er geht ab Herbst 2020 mit einer Insolvenzwelle bei Unternehmen aus. Fraglich bleibt, wie viele Schulabgängerinnen und Schulabgänger sie dann überhaupt aufnehmen können und ob die Prämie der Bundesregierung genug Anreiz ist.

Besonders Menschen unter 25 Jahren werden häufig mit befristeten Arbeitsverhältnissen wie Zeit- und Leiharbeit, Mini-Jobs oder Midi-Jobs angestellt. Anders als für Festangestellte, fällt für sie in der Regel das Kurzarbeitergeld während der Corona-Pandemie weg.

Deutschlandfunk-Nova-Reporter Nicolas Lieven hören
"Viele der jungen Arbeitslosen sind gerade in den Job eingestiegen, und sie sind auch meistens die ersten, die wieder rausfliegen."
Shownotes
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil
"Um jeden Ausbildungsplatz kämpfen"
vom 16. Juni 2020
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales
Gesprächspartner: 
Nicolas Lieven, Deutschlandfunk-Nova-Reporter