Als Cindy Campbell am 11. August 1973 ihre Geburtstagsparty schmiss, ahnte sie nicht, dass sie damit in die Geschichte eingeht. Ihre Party gilt als Geburtsstunde des Hip-Hop, der 50 Jahre später Generationen geprägt hat.

Hip-Hop - das ist heute eine Kulturform, die Musik, Mode, Sprache und Tanz vereint. Geboren wurde der Hip-Hop in der New Yorker Bronx, vor 50 Jahren. Damals, am 11. August 1973, feierte die Teenagerin Cindy Campbell ihren Geburtstag. Zur Party im Gemeinschaftsraum von 1520 Sedgwick Avenue - heute ein denkmalgeschützter Ort - lud sie ihre Freunde ein.

"Da das Ende der Schulferien vor der Tür steht, und sie neue Bücher und neue Kleidung braucht, überlegt sie, an ihrem Geburtstag eine Party zu machen."
Falk Schacht, Musikjournalist

Cindy wollte ein bisschen Geld zum Ende der Schulferien verdienen, berichtet Musikjournalist Falk Schacht, also betrug der Eintritt 25 Cent für Mädchen, 50 Cent für Jungs. Ihr Bruder Clive Campbell, im Vietel bekannt als "DJ Kool Herc", sollte Platten auflegen.

"Die Hip-Hop-Kultur besteht aus den Elementen DJaying, Rapping, Graffiti Writing und
Breaking, also Tanzen."
Falk Schacht, Musikjournalist

Bei Cindys Party wurden dann aber nicht nur Platten aufgelegt: Sie und ihr Bruder hatten ihre Namen als Graffiti in die Straßen gemalt. Und Kool Herc spielte nicht ganze Songs, sondern nur die sogenannten "Drum Breaks", also die Passage eines Liedes, wo die Band und der Gesang aussetzen - auf zwei Plattenspielern, immer wieder hintereinander. Schließlich spricht noch ein Freund über die Beats.

Erst die Beats, dann der Rap

Dabei brauchte der Hip-Hop zunächst keinen Rap und keine ausgefeilten Texte, so Falk Schacht: "Kool Herc hat selber am Mikrofon auf den Partys einzelne Lines gesagt und einige wenige Reime über diese Break Beats gesprochen". Das sei noch weit entfernt von dem, was wir heute aus dem Hip-Hop kennen.

Von der Bronx in die Welt

Die Bronx vor 50 Jahren war übrigens kein wirklich lebenswerter Ort. "Überall herrschen Drogenbanden oder Straßengangs", sagt Falk Schacht. "Alle 30 Minuten brennt ein leerstehendes Wohnhaus." Es habe dort ausgesehen wie in einem Kriegsgebiet.

Der Hip-Hop, den Cindy und ihre Freunde dort feiern, sei eigentlich der Versuch gewesen, all diesem Chaos etwas Lebenswertes entgegenzusetzen, so der Journalist. "Man muss auch bedenken, wir reden hier von Kindern und Teenagern: Kool Herc ist damals 18 Jahre alt, seine Schwester ist noch jünger." Politische Botschaften hatte ihr Hip-Hop noch nicht.

"DJ Grandmaster Flash übernimmt später in den 1970er Jahren die Idee der Break Beats von Kool Herc und erfindet komplexe DJ-Techniken zum Mixen."
Falk Schacht, Musikjournalist

DJ Grandmaster Flash entwickelt etwa 20 Jahre später komplexe DJ-Techniken, die bis heute stilprägend sind. Doch weil er so beschäftigt mit dem Mixen war, sollten seine beiden Tänzer, Cowboy und Melle Mel, das Mikro übernehmen. "Die beiden hatten dann immer mehr Ideen, wie und was sie am Mikro machen wollten", sagt Falk Schacht, "und haben dabei die Form des Rappens im HipHop erfunden."

Im Audio hört ihr, wie Kool Herc und Grandmaster Flash früher klangen.

Shownotes
50 Jahre Hip-Hop
Wie eine Teenagerin eine neue Kultur ins Leben rief
vom 11. August 2023
Moderator: 
Nik Pothoff
Gesprächspartner: 
Musikjournalist Falk Schacht