"Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht." Hat Bundeskanzlerin Angela Merkel mal gesagt. Jetzt sieht es so aus, als hätte der deutsche Auslandsgeheimdienst BND selbst befreundete Staaten ausspioniert - und zwar auf eigene Faust.

Vorwürfe, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) im Auftrag des US-Geheimdienstes NSA gegen andere europäische Länder spioniert hat, gab es schon mal. Die Geschichte jetzt hat allerdings eine neue Qualität: Denn der BND soll auch auf eigene Faust befreundete Staaten abgehört haben.

Die Bombe platzte auf einer Routinesitzung

Diese Information kam eher beiläufig zur Sprache, berichtet DRadio-Wissen-Nachrichtenredakteur Raphael Krämer: auf einer Routinesitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums, also auf einem Treffen der Abgeordneten im Bundestag, die die deutschen Geheimdienste überwachen sollen. Laut Medienberichten haben Vertreter des Kanzleramts sowie BND-Chef Gerhard Schindler dort zugegeben: Ja, auch wir haben befreundete europäische Länder ausspioniert - und auch die USA.

"Die Frage, die im Raum steht, ist: Waren die verwendeten Suchbegriffe vom Auftragsprofil gedeckt?"
Clemens Binninger, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums

Wenn das stimmt, wird sich die Bundesregierung nicht nur bei ihren Partnern für diese Abhöraktion rechtfertigen müssen - möglicherweise wurde auch gegen Gesetze verstoßen. Denn der Bundesnachrichtendienst darf normalerweise nur abhorchen, was vom sogenannten Auftragsprofil gedeckt ist. "Das Auftragsprofil ist zum Beispiel: Ziele in Afghanistan", erklärt DRadio-Wissen-Nachrichtenredakteur Raphael Krämer, "aber normalerweise nicht andere EU-Länder oder die USA." Das Parlamentarische Kontrollgremium versucht nun also zu klären, ob die Abhöraktionen vom Auftragsprofil gedeckt waren.

Shownotes
BND-Abhöraffäre
Ausspähen unter Freunden geht doch
vom 15. Oktober 2015
Moderator: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Raphael Krämer, DRadio-Wissen-Nachrichten