Eric wagt ein Experiment: die Rejection Therapy. Bewusst nimmt er ein "Nein" in Kauf, wenn er Fremde um etwas bittet. 20 Tage zieht er die Challenge durch und macht gute Erfahrungen. Wieso das Mut kostet? Wir wollen dazugehören, sagt eine Psychologin.
Eric durfte beim Fußballspielen im Park mit ein paar Leuten mitkicken, wurde von einer Person, die er einfach so angesprochen hat, zu einer Stand-up-Comedyshow begleitet. Er hatte einen schönen Abend am Elbstrand in Hamburg, mit zwei anderen, die er zuvor nicht kannte, und hat mit Fremden gekniffelt.
Und das alles einfach nur, weil er seinen Mut zusammengenommen, jemanden angesprochen und einen Wunsch geäußert hat.
"Ich hatte so Herzrasen. Ich war crazy aufgeregt."
Zum Zeitpunkt des Selbstexperiments war Eric noch relativ neu in Hamburg. Eine gute Gelegenheit, mal aus sich rauszugehen und den Versuch zu wagen, mit Leuten in Kontakt zu kommen, fand er.
Von der Rejection Therapy hatte er zum ersten Mal auf Social Media gehört. Dabei nimmt man den Mut zusammen, einen Wunsch zu äußern und nimmt dabei auch in Kauf, dass man gelegentlich ein "Nein" kassieren könnte.
"Die originale Idee ist, dass man sich in Situationen begibt, wo man auf alle Fälle abgelehnt wird. Zum Beispiel: Man geht in den Supermarkt und fragt, ob man dort seinen Geburtstag feiern darf."
Aber es geht Eric gar nicht darum, Situation zu kreieren, in denen er Ablehnung erfährt. Viel mehr gefällt ihm die Idee, über den eigenen Schatten zu springen, um Kontakte zu knüpfen und neue Dinge auszuprobieren. Denn es gibt Momente, an die sich Eric erinnert, wo er das gerne getan hätte, aber sich nicht getraut hat.
Die Challenge hält er als Videoreihe fest und teilt sie auf seinem Social-Media-Account. Am schwierigsten war es, eine Zusage zu bekommen, wenn die Eric seine Absicht nicht klar rüberbringen konnte, sagt er. Ihm ging es vor allem darum, gemeinsam etwas mit anderen zu unternehmen. Das musste er deutlich machen. Auch wenn der Aufwand
Ein kurzer Moment der Überwindung
Eine Bitte, ein Wunsch, eine Frage: Das ist ein Moment der Ungewissheit, der viele von uns verunsichert. Denn wir stellen eine Frage und müssen damit rechnen, dass die Antwort auch "nein" lauten könnte.
"Ich habe über 20 Rejection-Therapy-Challenges gemacht und wurde bei keiner komplett abgelehnt. Ich habe früher oder später jemanden gefunden."
Eine Reaktion, die den meisten von uns unangenehm ist. Ein kurzes Wort, das wir nicht hören wollen, weil es uns in Schranken weist. Wir erfahren Ablehnung und gehören in diesem Moment nicht zu einer bestimmten Gruppe dazu – und sind somit außen vor. Das schmerzt – im wahrsten Sinne des Wortes.
Ablehnung: Das Hirn reagiert ähnlich wie bei körperlichem Schmerz
Spannend findet die systemische Therapeutin Ulrike Bossmann, dass bei Zurückweisung im Gehirn die gleichen Regionen aktiviert werden wie bei körperlichem Schmerz. Ablehnung, die wir im übertragenen Sinne als "schmerzhaft" empfinden, liegt als auch daran, wie unser Hirn die Erfahrung verarbeitet.
"Das tut auch wirklich tatsächlich weh und macht auch was mit unserem Selbstwertgefühl."
Für verschiedene Menschen kann es unterschiedlich schwer sein, mit Ablehnung umzugehen. Das kann zum Beispiel mit persönlichen Eigenschaften zu tun haben. Daran, ob wir introvertierter sind beispielsweise oder generell eher zum People Pleasing neigen, das heißt, es uns generell schon wichtig ist, anderen zu gefallen.
Mit Ablehnung besser umzugehen, kann man lernen, davon geht die systemische Therapeutin Ulrike Bossmann generell aus. Dabei kann es uns helfen, uns nicht so sehr darauf zu fokussieren, was das Risiko sein könnte. Sondern uns zu fragen, was wir gewinnen können, wenn wir in der Unibibliothek oder auf einer Party jemanden ansprechen: Damit kann es uns eher gelingen, den Mut aufzubringen, um es tatsächlich zu tun, sagt Ulrike Bossmann.
"Die Teilhabe an Gruppen oder die Zugehörigkeit zu Gruppen ist ein ganz starkes menschliches Grundbedürfnis. Das hat damit zu tun, dass Menschen auf sich allein gestellt, kaum überlebensfähig wären."
Zugehörigkeit zu einer Gruppe ist ein menschliches Grundbedürfnis, sagt Daniela Grunow. Deswegen erscheint es auf den ersten Blick paradox, dass Menschen in manchen Situationen mit Ablehnung oder Abweisung rechnen müssen.
Gruppen mit Menschen bilden, die uns ähnlich sind
Die Soziologin Daniela Grunow erklärt das so: Da Menschen stark zur Gruppenbildung neigen, kann es gleichzeitig vorkommen, dass sie Gruppen mit denjenigen bilden wollen, die ihnen besonders ähnlich sind.
Damit neigen sie dazu, eher Menschen auszuschließen, mit denen sie wenige Gemeinsamkeiten haben. Dabei können äußere Merkmale wie Geschlecht, Alter, Hautfarbe oder auch die Art und Weise, wie sich jemand kleidet, kann dabei eine Rolle spielen.
Dadurch haben die meisten von uns sofort einen Impuls, sich Menschen zu nähern oder auch einen Bogen um sie zu machen, sagt die Soziologin. In unseren heterogenen und pluralen Gesellschaft passiert das immer mehr Menschen, wenn sie irgendwelchen Standards nicht entsprechen, sagt Daniela Grunow. Diese Menschen bekommen in solch einem Fall das Gefühl vermittelt, dass sie nicht dazugehören.
Wenn sich zu viele abgelehnt fühlen, kann das der Gesellschaft schaden
Nicht nur für den Einzelnen ist es überlebenswichtig, zu einer Gemeinschaft dazuzugehören. Auch für unsere Gesellschaft ist es essenziell, dass sich Menschen integriert fühlen und nicht den Eindruck haben, dass sie außen vor sind, erklärt die Soziologin weiter.
Denn wenn Menschen das Gefühl haben, nicht dazuzugehören, kann es sein, dass sie sich nicht an gesellschaftlichen Prozessen und Strukturen beteiligen wollen. Das kann zur Folge haben, dass sie sich nicht wählen gehen oder auch keine Steuern mehr bezahlen wollen.
Wenn das einen großen Teil der Bevölkerung betrifft, kann es auch dazu führen, dass die Gesellschaft an sich nicht mehr richtig funktioniert.
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