Für schnelles Abnehmen und verbesserte Diabeteswerte sind Abnehmspritzen mittlerweile bekannt. Doch sie können offenbar mehr. Eine große Studie an Herzpatienten zeigt, dass sie bei Corona-Infektionen helfen soll. Und auch bei Alzheimer wird ihr Nutzen erforscht.
Der Hype um sogenannte Abnehmspritzen ist groß. Denn sie versprechen, relativ schnell an Gewicht zu verlieren. Dafür sorgt der Wirkstoff Semaglutid. Der ist in den Abnahmespritzen Ozempic und Wegovy enthalten. Ursprünglich wurde Semaglutid aber zur Behandlung von Diabetes-Patient*innen entwickelt. In der EU und den USA ist die Spritze von Ozempic daher als Mittel zur Behandlung von Diabetes-Typ-2 zugelassen, auch bekannt als "Altersdiabetes".
Die Wegovy-Spritze enthält auch den Wirkstoff Semaglutid. In dem Medikament ist der Wirkstoff allerdings viel höher dosiert. In der EU ist das Medikament offiziell auch als Abnehmpräparat zugelassen und richtet sich an Menschen mit Adipositas, also starkem Übergewicht.
Im Körper ahmt der Wirkstoff Semaglutid die Wirkung des Darmhormons GLP-1 nach und sorgt für eine effektivere Insulinausschüttung. Dadurch fühlen sich Patient*innen schneller satt und haben weniger Hunger, erklärt Wissenschaftsjournalist Volkart Wildermuth.
Die vielen Wirkweisen von Semaglutid
Eine neue Studie von US-Forschenden zeigt jetzt sogar: Semaglutid fördert nicht nur eine Gewichtsabnahme und senkt das Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen, sondern soll auch die Folgen einer Corona-Infektion abmildern wie auch die Sterblichkeit senken. Diese Effekte haben sich zumindest im Untersuchungszeitraum der Studie gezeigt, an der mehr als 17.000 übergewichtige Personen mit Herz-Kreislauf-Problemen teilgenommen haben. "Die Forschenden erklären das unter anderem damit, dass wohl chronische Entzündungen unter Semaglutid abnehmen", so der Wissenschaftsjournalist.
"Es ist schon länger klar, dass Semaglutide und ähnliche Wirkstoffe bei Diabetes sehr gut funktionieren und helfen, Übergewicht zu reduzieren. Aber die Medikamente können offenbar noch mehr."
Denn: Im Gehirn kann das Hormon GLP-1 an vielen Stellen andocken und somit auch der Wirkstoff Semaglutid. Im Belohnungssystem kann das Medikament so das Hungergefühl beeinflussen. Weil das Belohnungssystem bei Süchten aus dem Gleichgewicht kommt, wird die Wirkung von Semaglutid gerade auch in der Therapie von Alkohol-, Nikotin oder Opiatsucht getestet.
Auch für die Behandlung von Depressionen ist der Wirkstoff interessant. Denn: Diabetes-Patient*innen, die das Mittel bekommen haben, berichten von einer aufgehellten Stimmung. Deshalb läuft gerade eine Studie zur Behandlung von Depressionen in Kanada. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Semaglutide Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer verlangsamen könnten. Für den Effekt auf Alzheimer soll Ende des kommenden Jahres eine Studie veröffentlicht werden.
Nebenwirkungen nicht unterschätzen
Online preisen manche den Wirkstoff daher schon als Allheilmittel an. Aber hier ist Vorsicht geboten. Denn mit den positiven Effekten kommen auch Nebenwirkungen. Neben Verdauungsproblemen, Fieber und Kopfschmerzen scheint auch das Risiko für Entzündung der Bauchspeicheldrüse und für bestimmte Formen von Schilddrüsenkrebs leicht erhöht, sagt der Wissenschaftsjournalist. Zudem ist die Einnahme des Medikaments noch relativ neu, was bedeutet, dass es noch keine Daten bei einer langfristigen Anwendung gibt.
Außerdem gibt es Berichte darüber, dass der Hype um die Abnehmspritzen zu Lieferengpässen führt. Das Ozyempic-Präparat zum Beispiel fehlt dann für die Behandlung von Diabetes-Patient*innen – Menschen, für die das Medikament eigentlich gedacht ist.
Zudem ist auch die Wegovy-Abnehmspritze kein einfaches Lifestyle-Produkt, wie es online oft angepriesen wird. Hierbei handelt es sich um ein Medikament für Menschen mit einer chronischen Krankheit. Bevor Betroffene die Spritze verschrieben bekommen, müssen sie auch andere Therapieformen ausprobiert haben wie Bewegungstherapien oder eine Ernährungsberatung.