Als schwarze Deutsche ist sie täglich mit Rassismus konfrontiert – Aktivistin Lewamm "Lu" Ghebremariam findet es gut, wenn Leute sich auf Social Media für die Black-Lives-Matter-Bewegung einsetzen. Aber die Solidarität sollte nicht da nicht aufhören. Er müsse weiter auf die Straße getragen werden.
Vor gut drei Monaten fluten die schwarzen Kacheln auf Instagram unsere Timelines: Unter #blackouttuesday wollen viele Leute ihre Solidarität mit der Black-Lives-Matter-Bewegung ausdrücken. Auch Lu postet eine schwarze Kachel und findet es gut, dass auch viele weißen Menschen es machen. Sie arbeitet bei change.org, einer Onlineplattform für digitale Kampagnen und Petitionen, und engagiert sich bei der Berliner Clubcommission für mehr Diversität im Berliner Clubleben.
Lewamm "Lu" Ghebremariam wünscht sich, dass es nicht bei der einmalig über Social Media bekundeten Solidarität bleibt. Vielmehr ginge es darum, den Protest aus dem Netz jetzt auf die Straße zu bringen, sagt die Aktivistin. Einige Personen seien durch die Aktion sensibilisiert worden, andere hätten zwar eine schwarze Kachel im Instagram-Profil, setzten sich aber nicht mehr mit dem Thema auseinander. "Ich könnte jetzt darauf pochen, dass Leute das genutzt haben, um sich in ein besseres Licht zu rücken. Aber ich will mich damit nicht aufhalten", es würde ihr Wohlbefinden und das anderer schwarzer Menschen nicht nach vorn bringen.
"Ich erwarte von allen, vor allem von weißen Menschen, dass sie sich ihrer Privilegien bewusst werden."
Der Peak kurz nach dem Tod von George Floyd hat Lu etwas überfordert. Als immer mehr Leute in Deutschland über Rassismus sprechen, wird es ihr irgendwann zu viel: "Ich war mit den Fragen vieler weißer Menschen einfach überfordert", sagt sie. Beispielsweise sei sie oft von Leuten aus ihrem Umfeld gefragt worden, ob sie sich ihr gegenüber schon mal rassistisch verhalten hätten. All das zu ordnen und auf alles Antworten zu finden, habe sie müde gemacht. Aber inzwischen hat sie sich davon erholt sagt sie, und freut sich darüber, dass nun auch öffentlich darüber reden kann. "Ich habe mich ein bisschen davon erholt – was geblieben ist, sind Gespräche wie heute."
Denn obwohl der Online-Aktivismus vieler Menschen auf Instagram schnell verpufft ist, glaubt Lu schon, "dass wir aus dieser Bewegung einige wichtige Lehren ziehen können". Und sich zudem auch etwas verändert hat.
"Ich habe das Gefühl, dass sich meine weißen Freunde kritisch hinterfragen und von mir auch nicht erwarten, dass ich Basis-Bildungsarbeit leiste."
Trotzdem liege noch ein Stück Arbeit vor uns – vor allem, was den Alltag in Deutschland angeht. Privilegierte Menschen müssten sich ihrer Vorteile bewusst werden und dafür sorgen, dass marginalisierte Gruppen Sichtbarkeit bekommen, sagt sie. Und: es sei Aufgabe der weißen Mehrheitsgesellschaft, auf Missstände und Benachteiligungen aufmerksam machen, so ihre Forderung.
Aktivismus als Form von Selbstbestimmung
Sich zu engagieren und auf soziale Missstände hinzuweisen, kann kräftezehrend sein. Doch Lu zieht auch viel Energie aus ihrer Arbeit: "Ich kann aktiv mitgestalten. Das heißt, ich muss mich nicht mit dem Gefühl von Ohnmacht zufriedengeben, ich kann die Dinge, die ich verändern möchte, verändern."
"Konsequenzen aus den eigenen Privilegien ziehen, muss vielleicht auch heißen: ich mache Platz für andere."
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