Irgendwann kommt die Zeit und Oma und Opa sterben. Wir können nicht die Dinge, die wir mit ihnen verbinden, behalten. Was wäre ein gutes Andenken? Celin bewahrt ein Schmuckkästchen ihrer Oma auf. Eine Trauerbegleiterin gibt Tipps für Erinnerungsstücke.

Celin hatte ein besonderes Verhältnis zu ihrer Oma. Sie erinnert sich vor allem an Momente, in denen sie sehr vertraut und innig waren. Zum Beispiel saßen sie nach dem Kochen noch zusammen in der Küche. Dort gab es eine kleine Eckbank, auf der Celin saß, und dann haben sich die beiden unterhalten. Manchmal waren auch ihr Opa und ihre Eltern noch dabei. Dieses familiäre Beisammensein fehlt ihr sehr.

"Meine Oma ist ein sehr liebevoller Mensch gewesen. Wir hatten eine sehr enge Bindung zueinander. Ich vermisse meine Oma schon sehr."
Celin über die Erinnerung an ihre Großmutter

Ihre Oma hat ihr auch viele Lebensweisheiten mit auf den Weg gegeben, erzählt Celin. Gerade die Gleichstellung der Frau könne sie deshalb wertschätzen, weil sie aus ihren Erzählungen wisse, wie schwer es Frauen früher hatten. Außer diesen Geschichten, die sie in ihrem Gedächtnis bewahrt, hat sie auch ein Andenken an ihre Großmutter behalten: ein Schmuckkästchen. Das kann sie immer wieder anfassen und so die Momente mit ihrer Oma nachspüren.

"Meine Oma hatte so ein Schmuckkästchen, das bei ihr auf dem Nachttisch stand. Wenn ich zu Besuch war, habe ich es geliebt, dieses Kästchen aufzumachen."
Celin bewahrt ein Schmuckkästchen ihrer Oma als Andenken auf

Mit den Ketten und Armbändern, die in dem Schmuckkästchen lagen, hat Celin gerne sich und ihre Oma geschmückt. Davon hat sie auch einige behalten, auch wenn sie nicht ihrem Geschmack entsprechen. "Doch der emotionale Wert, der dahintersteht, ist sehr besonders", sagt Celin. Diese Armbänder zu sehen, versetze sie immer wieder in die Situation, in der ihre Oma sie getragen hat, sodass sie sich erinnert, wie es war: "Ich fühle dann die Wärme, die in dem Moment auch da war."

Um diese Gefühle, die Celin für ihre Oma empfindet, zu bewahren und die Trauer zu verarbeiten, hat sie für ihre Oma eine Lied geschrieben, das bei der Beerdigung vorgelesen wurde. Das hat sie auch schon für einen ihrer verstorbenen Opas gemacht. Ihr gibt das das Gefühl, ihren Großeltern noch etwas von ihr mitgegeben zu haben. "Ich kann meine Gefühle in Liedern einfach viel besser darstellen", sagt Celin.

Wie Andenken uns bei der Trauerbewältigung helfen

Annemone Zeim bewahrt verschiedene Erinnerungsstücke auf. Ihr Lieblings-Andenken ist ein altes Kochbuch, das schon halb auseinander fällt. Manchmal kocht sie Rezepte daraus nach, erzählt die Trauerbegleiterin. "Ein ideales Erinnerungsstück, das seinen Platz in meinem Alltag gefunden hat", findet sie.

"In der Trauer denkt man oft, dass man alles verloren hat. Andenken können eine gute Strategie sein, den Blick darauf zu werfen, was man alles aus der Vergangenheit mitnehmen darf."
Annemone Zeim, Trauerbegleiterin

Gegenstände, mit denen wir eine bestimmte Vergangenheit erinnern, können uns in der Trauer helfen, sagt Annemone Zeim. Um den Verlust einer geliebten Person zu überwinden, könne es helfen, solche Dinge aufzubewahren, sodass eben nicht der Eindruck entsteht, das gemeinsame Leben sei einfach verschwunden. Indem wir Erinnerungen "verdinglichen" oder in Geschichten weitererzählen, können wir dieses vergangene gemeinsame Leben in das Hier und Jetzt mitnehmen, erklärt sie.

Wie wählen wir das richtige Andenken aus?

Wie wählen wir aber gut unter all den vielen Dingen aus, die eine verstorbene Person hinterlässt? Von Vorteil wäre es natürlich, wenn wir dabei klar und vernünftig vorgingen – das ist durch die Trauer aber schwierig, sagt Annemone Zeim. Gerade bei Haushaltsauflösungen sei es sehr komplex zu entscheiden, welche Gegenstände aussortiert und welche behalten werden sollten.

"Was hilft: zu sich zu kommen, Gefühle zuzulassen und die Dinge anzufassen. Das tut uns gut."
Annemone Zeim, Trauerbegleiterin

Wenn es schwer fällt zu entscheiden, welche Dinge wir behalten wollen, dann helfe, sie anzufassen und in sich hinein zu spüren: Ist das hier etwas, dass sich magisch anfühlt? Oder ist es eher unangenehm, es zu berühren?

Als Trauerbegleiterin rät sie den Trauernden, die Gegenstände zu kategorisieren in:

  • Andenken
  • Erbstücke
  • Symbole
  • Lebensbeweise

Das helfe, die Dinge zu sortieren. "Sowohl mit Trauer als auch mit Erinnerungsstücken umzugehen, ist eine Art von Ordnen", erklärt Annemone Zeim.

Und um noch besser entscheiden zu können, welche Gegenstände aussortiert werden können, empfiehlt die Trauerbegleiterin, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Warum möchte ich den Gegenstand behalten?
  • Schwingen Schuldgefühle mit wie: Das war das Lieblingsservice meiner Oma, das muss ich behalten, auch wenn ich selbst nie auftischen würde?
  • Steckt viel Gemeinsames darin?

Gegenstände, bei denen wir so trotzdem keine eindeutige Antwort finden, können wir in einen Karton legen, rät sie, um sie nach einiger Zeit noch mal anzufassen und dann mit etwas Abstand zu erspüren, wie wir dazu stehen.

Zustände und Arrangements dokumentieren

Wenn es allerdings darum geht, einen Haushalt aufzulösen, und nicht die Zeit ist, erst zwei Monate später darüber zu entscheiden, was aufbewahrt werden soll, helfe es, durch die Räume zu gehen und alles zu fotografieren. "Denn manchmal geht es nicht um das Geschirrhandtuch sondern darum, wie die Mama das aufgehängt hatte", sagt Annemone Zeim. Dann könne man Zustände oder Arrangements einfach dokumentieren, um sie zu fühlen und zu bewahren, ohne eben alles behalten zu müssen.

Alternativ – oder ergänzend – könnte man auch eine andere Methode anwenden: Jedes Familienmitglied geht durch das Haus oder die Wohnung und markiert mit einem Zettel, was ihm oder ihr wichtig erscheint. Alles, das nicht markiert wurde, kann dann schon mal aussortiert werden.

Dinge verabschieden

Die Trauerbegleiterin nennt drei Gedanken, die uns dabei helfen können, uns gut von Dingen zu verabschieden:

  • Der Gegenstand kann für jemand anderes wichtig für sein Seelenheil sein.
  • Der Gegenstand kann noch ganz anders eingesetzt werden.
  • Es ist gut, Dinge loszulassen, die es mir schwer machen, über die Trauer hinwegzukommen.

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Shownotes
Andenken
Was wir unbedingt von unseren Großeltern behalten
vom 05. Oktober 2023
Moderator: 
Utz Dräger
Gesprächspartnerin: 
Celin bewahrt ein Schmuckkästchen als Andenken an ihre Oma auf
Gesprächspartnerin: 
Annemone Zeim, Trauerbegleiterin
  • Celin bewahrt ein Schmuckkästchen ihrer Oma und widmet ihr eigene Lieder
  • Umfrage: Welche Dinge erinnern euch an eure Großeltern?
  • Die Trauerbegleiterin Anemone Zeim gibt Tipps, wie wir Erinnerungsstücke auswählen und bewahren können