Ob IBM, Klarna oder Duolingo: Viele Unternehmen setzen auf KI, um effizienter zu sein und auf Lohnkosten verzichten zu können. Forschende aus den USA und Dänemark bezweifeln auf Grundlage einer Untersuchung allerdings, dass KI Firmen wirklich viel bringt.
Um die Effekte von KI für Unternehmen zu ermitteln, haben Wirtschaftswissenschaftler des US-amerikanischen National Bureau of Economic Research 25.000 Angestellte an 7.000 Arbeitsplätzen zu ihrer Arbeit mit Künstlicher Intelligenz befragt. Die Umfrage fand in Dänemark statt, weil dort bereits viel KI eingesetzt wird und Arbeitszeitdaten sehr genau erfasst werden.
Bei der Untersuchung, die als Arbeitspapier des US-amerikanischen Thinktanks "National Bureau of Economic Research" veröffentlicht wurde, kam heraus: Die Angestellten, die KI-Chatbots nutzten, konnten dadurch im Schnitt nur drei Prozent ihrer Arbeitszeit einsparen. Weiteres Ergebnis: Der Einsatz von KI hat bisher weder zu Massenentlassungen noch zu höheren Löhnen geführt.
KI-Hype auf dem Arbeitsmarkt überschätzt?
Obwohl viele Betriebe schnell auf KI gesetzt hätten und viel in die Technologie investiert worden sei, blieben "die wirtschaftlichen Auswirkungen gering", so die Forschenden.
"Das klingt angesichts des KI-Hypes in vielen Unternehmen überraschend", sagt Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin Martina Schulte, "wenn man bedenkt, dass große Unternehmen wie Shopify oder die Sprachschule Duolingo kürzlich bekannt gaben, dass Manager die Einstellung menschlicher Mitarbeiter anstelle einer KI rechtfertigen müssten."
Erstmals kompletter Job statt einzelner Aufgabenfelder untersucht
Frühere Studien zu Effizienz und KI beschäftigten sich vor allem mit einzelnen Aufgabenfeldern, die leicht zu automatisieren sind – "Also wenn etwa im Kundensupport, Chatbots viele Standardfragen leichter und schneller beantworten können als Menschen", so Martina Schulte.
Diese neue Studie dagegen hat sich den kompletten Job angeschaut, also nicht nur einzelne Aufgaben, die dabei anfallen. In verschiedenen Berufsfeldern gab es demnach keinen spürbaren Effekt – darunter Buchhaltung oder Journalismus.
"Untersucht wurden Jobs wie Software-Entwicklung, Unterrichten, Recht und Personalmanagement. In diesen Bereichen ist es noch nicht so leicht, menschliche Tätigkeiten komplett durch KI zu ersetzen."
Die Forschenden begründen das so: Durch KI gewonnene Zeit werde oft verwendet, um sich Arbeitsaufgaben zu widmen, die überhaupt erst durch den Einsatz von KI geschaffen wurden. Dazu gehöre etwa, die Ergebnisse der KI kontrollieren.
Zudem ist es den Wissenschaftler*innen zufolge auch nicht sicher, dass wenn zum Beispiel beim Verfassen einer Mail Zeit gespart werde, diese gewonnene Zeit tatsächlich für weitere produktive Zwecke verwendet werde.
USA: Nur geringes BIP-Wachstum durch KI
Der Forschungsbericht deckt sich dabei mit den Berechnungen des führenden Wirtschaftswissenschaftlers und Nobelpreisträgers Daron Acemoglu vom Massachusetts Institute of Technology (MIT):
Acemoglu sagt voraus, dass die Einführung künstlicher Intelligenz das BIP in den USA im nächsten Jahrzehnt lediglich um 1 bis 1,6 Prozent steigern werde und die Produktivität lediglich um 0,05 Prozent zunehmen werde.
Wieder mehr menschliche Mitarbeitende statt KI
Und auch der Zahlungsdienstleister Klarna, der noch vor einem Jahr viele menschliche Arbeitskräfte durch KIs ersetzen wollte, rudert inzwischen zurück und stellt wieder mehr menschliche Mitarbeiter ein, berichtet Martina Schulte.
Der Grund: "Dort hat man festgestellt hat, dass Chatbots zwar billiger, aber auch nicht immer so gut wie menschliche Mitarbeiter sind." Auch eine aktuelle Befragung von 2.000 Top-Managern kommt zu dem Schluss, dass in den letzten drei Jahren nur ein Viertel der KI-Projekte ihre Investitionen wieder reinbrachte.
Andere Studie zu KI-Produktivität zurückgezogen
"Sogar eine vielbeachtete MIT-Studie vom letzten Jahr, die nahelegte, dass Wissenschaftler durch KI produktiver werden, musste nun zurückgezogen werden", berichtet ergänzt unsere Netzreporterin. "Das MIT teilte mit, dass man kein Vertrauen in die Gültigkeit der Daten und in den Wahrheitsgehalt der in dem Papier enthaltenen Forschungsergebnisse habe." Was genau an der Arbeit falsch gewesen sein soll, wurde allerdings nicht veröffentlicht.