Bei den Landtagswahlen in Sachsen am 12. Mai 1929 konnte die NSDAP ihren Stimmenanteil verdreifachen. Die Aufregung darüber hielt sich in Grenzen. Doch der Schein trügt, denn das politische System geriet mit dem Erfolg der NSDAP ins Wanken.
Das Ergebnis der sächsischen Landtagswahl erschütterte die politische Landschaft und legte den Grundstein für ein politisches Beben von größerer Tragweite. Die NSDAP vereinte 134.000 Stimmen auf sich, was 3,4 Prozent entspricht. SPD und KPD schnitten weit besser ab, die SPD kam auf 923.000 und die KPD auf 346.000 Stimmen. Nach der Wahl scheiterten die Parteien jedoch eine Regierung zu bilden. Also wurde 1930, ein Jahr später, erneut gewählt. Dieses Mal erreichte die NSDAP 14,4 Prozent und etablierte sich als entscheidende politische Kraft in Sachsen.
Wahl 1929 markiert Wendepunkt
Die Wahl vom 12. Mai 1929 kann als Wendepunkt angesehen werden. Fortan war es einfacher, Nationalsozialisten in politische Ämter zu wählen. Gleichzeitig sanken die Stimmenanteile der gemäßigten, konservativen oder liberalen Parteien. Regierungsbildungen wurden zunehmend schwieriger, da Parteien koalieren mussten, die nur wenig inhaltliche Übereinstimmung aufwiesen.
In den Monaten und Jahren nach der Wahl in Sachsen stieg auch in anderen Ländern der Stimmenanteil für die NSDAP stark an: etwa in Thüringen, 1932 dann auch in Preußen und in Bayern. Nach der Wahl in Sachsen fiel es leichter, die NSDAP zu wählen, und viele Menschen ignorierten die Radikalität des Programms und der Rhetorik – und gaben den Rechtsextremisten ihre Stimme.
Was 1929 für heute bedeutet:
Obwohl die Bundesrepublik weit von den Verhältnissen in der Weimarer Republik entfernt ist, könnten die hohen Stimmenanteile für die AfD bei Wahlen in Ostdeutschland ebenfalls zu instabilen Regierungsbildungen führen, bei denen sich Parteien mit unterschiedlichen Positionen zusammenschließen müssen.
Ihr hört in Eine Stunde History:
• Der Journalist Sven Felix Kellerhoff erläutert die Wahl in Sachsen im Mai 1929 und geht den Gründen nach, die zur Wahl der NSDAP geführt haben.
• Mike Schmeitzner vom Hannah Arendt Institut für Totalitarismusforschung beschreibt die sächsische NSDAP zwischen 1929 und 1945.
• Der Journalist Patrick Bahners beschäftigt sich mit der Frage, ob die Wahlen 1929 und 2024 Parallelen aufweisen.
• Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld berichtet über verschiedene Wahlen in der Weimarer Republik zwischen 1929 und 1933.
• Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Esther Körfgen schildert den Propaganda-Feldzug der NSDAP in Sachsen.
Hinweis: Das Titelbild zeigt eine Menschenmenge bei einer nationalsozialistischen Versammlung in Dresden. Das Bild stammt entweder aus dem Jahr 1933 oder 1935 und diente damals vermutlich zu Propagandazwecken.
- Felix Kellerhof darüber, warum die NSDAP gewählt wurde
- Mike Schmeitzner beschreibt die sächsische NSDAP von 1929 bis 1945
- Patrick Bahners beschäftigt sich mit der Frage, ob die Wahlen 1929 und 2024 Parallelen aufweisen