Wer sich im Job fortbilden möchte, den unterstützt der Staat finanziell mit dem sogenannten Aufstiegs-Bafög. In der Theorie klingt die Förderung vielversprechend. In der Praxis scheitert sie manchmal allerdings schon bei der Bearbeitung des Antrags. So wie bei Tobias. Er wartet seit Monaten.

Für das Bundesbildungsministerium ist sie die "attraktivste Aufstiegsförderung aller Zeiten", für Tobias wird sie allmählich zur Zerreißprobe. Vom sogenannten Aufstiegs-Bafög hat er nämlich noch nichts gesehen. Sein Antrag liegt seit Monaten unbearbeitet bei der zuständigen Behörde. Ohne die finanzielle Hilfe seiner Freundin wüsste der 29-Jährige nicht, wie er sich momentan über Wasser halten würde, sagt er. Seine Ersparnisse in Höhe von rund 5000 Euro hat er in den letzten Monaten aufgebraucht.

Eigentlich war der Plan von Tobias einfach: Nach seinem Meisterabschluss wollte der gelernte Garten- und Landschaftsbauer eine Fortbildung zum Agrarbetriebswirt machen. Die Fortbildung geht ungefähr ein Jahr und findet in Vollzeit statt. Damit er an den Kursen teilnehmen kann, kündigt Tobias seinen Job – und beantragt Aufstiegs-Bafög.

Der 29-jährige Tobias macht nach seinem Meisterabschluss eine Fortbildung zum Agrarbetriebswirt.
© privat
Tobias macht nach seinem Meisterabschluss eine Fortbildung zum Agrarbetriebswirt.

Was Aufstiegs-Bafög ist

Die staatliche Förderung können Azubis nach ihrem Abschluss beantragen, wenn sie zum Beispiel ihren Meister machen möchten oder sich zur Fachwirtin weiterbilden möchten. Auch Studis können das Aufstiegs-Bafög nach einem Bachelorabschluss beantragen und über eine Fördermaßnahme einen Abschluss machen, der einem Master entspricht. Bei einer Fortbildung in Vollzeit sind bis zu 963 Euro im Monat an Aufstiegs-Bafög drin.

Bei Tobias lässt die staatliche Förderung allerdings auf sich warten. Seine Fortbildung hat allerdings schon längst angefangen. Damit er sich finanzieren kann, liefert Tobias nebenbei noch Pakete aus. Er habe laut dem Bundesbildungsministerium zwar einen Anspruch auf eine Vorauszahlung, solange der Antrag noch nicht bearbeitet ist. Doch auf eine Mail mit dieser Bitte hat Tobias von der zuständigen Bezirksregierung Köln bisher nur eine automatisch generierte Antwort erhalten.

Keine Bewilligung, keine Vorauszahlung

"Das eheste, was Erfolg verspricht, ist zum Jobcenter zu gehen und Grundsicherung zu beantragen, weil die Jobzentren in NRW um die Problematik Bescheid wissen", erklärt er. Das Bürgergeld könnte ihn zumindest durch die Wartezeit bringen. Trotzdem, findet Tobias, ist die Situation nicht zumutbar. Anträge von Freunden, die in anderen Bundesländern wohnen, wurden ohne Probleme bewilligt, sagt er.

"Meine Ersparnisse sind am Ende und ich habe immer noch kein Aufstiegs-Bafög. Wäre ich nicht in einer Beziehung mit meiner Freundin, wäre das alles gar nicht möglich gewesen."
Tobias, 29, wartet seit Monaten auf die staatliche Förderung für seine Fortbildung

Die Bezirksregierung Köln schreibt dazu auf Nachfrage von Deutschlandfunk Nova, dass sie sich der Verantwortung und der enormen Bedeutung der Förderung bewusst sei. Auch sei das Personal aufgestockt worden. Insgesamt würde die Behörde aktuell allerdings rund 10.000 Anträge bearbeiten. Davon seinen fast 70 Prozent falsch oder unvollständig eingereicht worden, was den Prozess erschwere.

Worte, die Tobias in seiner Situation nur wenig helfen. Wenn sein Antrag einmal durch ist, würde ihm das Aufstiegs-Bafög rückwirkend ausgezahlt. "Nur bringt einem das natürlich nichts, wenn man hier als Vollzeitstudent sitzt, seinen Lebensunterhalt finanzieren muss und die Stromrechnung nicht mehr bezahlen kann." Daher ist er gerade weiter dabei, eine Lösung für die Zwischenzeit zu finden.

Shownotes
Weiterbildung im Job
Aufstiegs-Bafög: Wenn dein Antrag ewig beim Amt liegt
vom 08. Februar 2023
Moderatorin: 
Anke van de Weyer
Autorin: 
Britta Mersch, Deutschlandfunk Nova