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Das neue Ausbildungsjahr startet und viele Berufseinsteigende finden keinen Ausbildungsplatz – obwohl viele Firmen dringend Fachkräfte und Nachwuchs suchen. Wie kommt das? Und wie kann es gelingen, Bewerbende und Firmen zusammenzubringen?

Hanans Traumberuf ist Hotelfachfrau. Sie möchte gerne reisen, andere Länder kennenlernen und dort in Hotels arbeiten. Sie hatte zuvor bereits einen Ausbildungsplatz in einem Hotel. Weil sie aber, wie sie selbst eingesteht, oft zu spät gekommen sei und nicht immer alle Aufgaben erfüllt habe, wurde sie nach ihrer Probezeit vom Hotel nicht übernommen.

"Das ist mein Traumberuf – genau das, was ich machen will. Und später kann ich durch diesen Beruf auch reisen."
Hanan, Hauptschulabsolventin auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz

Rückblickend sagt Hanan selbstkritisch, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht reif genug für den Berufseinstieg gewesen sei. Inzwischen ist sie sich aber sicher, dass kein Job besser zu ihr passt als der der Hotelfachfrau. Allerdings gestaltet es sich für Hanan immer schwieriger, wieder im Gastgewerbe Fuß zu fassen.

Ausbildungsplatzsuche: Der Wunsch nach einer zweiten Chance

In Deutschland gibt es eigentlich viele freie Stellen für Auszubildende in dieser Branche. Auch insgesamt gesehen nimmt die Zahl der Ausbildungsplätze tendenziell zu. Im Juli 2024 gab es in Deutschland rund 204.000 freie Ausbildungsstellen. Aber trotzdem waren gleichzeitig rund 121.000 Menschen auf den Suche nach einem Ausbildungsplatz. Hanans Frustration steigt mit jeder Absage, die sie erhält.

"Es ist halt sehr enttäuschend. Also das Gefühl, dass man denkt, cool ich habe jetzt endlich etwas gefunden. Und dann wird einem plötzlich doch noch abgesagt. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht."
Hanan, Ausbildungsplatzsuchende

Inzwischen hat die 19-Jährige nun schon vor drei Jahren die Schule beendet. Nach ihrem Hauptschulabschluss hat sie zuerst gejobbt, um Geld zu verdienen. Nach einer Weile entschied sie dann, dass eine Ausbildung ihr die bessere Zukunftsperspektive bieten würde.

"Sie wünscht sich eine zweite Chance. Einfach weil sie weiß, dass es auch für ihre Zukunft superwichtig ist. Sie ist total frustriert, weil sie einfach viele Absagen bekommt oder sehr häufig auch überhaupt keine Antwort."
Petra Boberg über die Situation von Hanan bei der Ausbildungsplatzsuche

Unsere Reporterin Petra Boberg hat sich nicht nur mit Hanan getroffen. Auch mit dem 16-Jährigen Jonas war sie verabredet. Bei ihm ist es glücklicher gelaufen: Er hat bereits einen Ausbildungsplatz gefunden.

"Es ist schwer, mit dem Hauptschulabschluss in Betriebe zu kommen, für die man einen höherrangigen Schulabschluss braucht."
Jonas, Auszubildender

Jonas ist 16 Jahre alt. Was er ganz sicher wusste, war, dass er nicht weiter in die Schule gehen wollte. Aber er hatte keinen richtigen Plan. Er wusste nicht, in welche Richtung es beruflich gehen sollte, welche Ausbildungsplätze es gibt und welche Möglichkeiten ihm überhaupt offenstanden. Von der Schule fühlte er sich für Entscheidungen dieser Art nicht gut vorbereitet, berichtet unsere Reporterin, die mit ihm über seinen Berufseinstieg gesprochen hat.

Individuelle Betreuung hilft Schülern, ihren Weg zu finden

Jonas hatte Glück: An seiner Schule gab es eine sogenannte Übergangsmanagerin, die Schüler*innen dabei hilft, den beruflichen Weg zu planen und einen Anfang zu finden. Die Stadt Kassel finanziert an acht Schulen diese Art von Coaches, die den Berufseinsteiger*innen zur Seite stehen. Dank seines guten Hauptschulabschlusses hat es für Jonas nur ein Vorstellungsgespräch gebraucht, um einen Ausbildungsplatz in einem Metallberuf zu finden, und zwar als Zerspanungsmechaniker.

Neben Übergangsmanager*innen gibt es verschiedene Angebote, die Schülerinnen und Schüler bei der Suche in Anspruch nehmen können, berichtet unsere Reporterin. Beispielsweise auch ein allgemeinnützige Initiative, die sich Joblinge nennt. Oft fehlt Schulabgänger*innen aber das Wissen darüber, sagt Petra Boberg. Vor allem, wenn sie, wie Hanan, die Schule bereits vor längerer Zeit beendet haben.

"Hanan ist schon seit drei Jahren aus der Schule raus, das heißt, sie kennt gar nicht diese Hilfsstrukturen: Du kannst zum Beispiel zur Agentur für Arbeit gehen, die helfen dir dann, etwas zu finden."
Petra Boberg, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Silke Anger ist Professorin für Bildungsökonomik an der Universität Bamberg. Sie kennt die Gründe, weshalb Ausbildungsplatzsuchende und Unternehmen nicht zusammenfinden und benennt diese:

Drei wichtige Ursachen für "Mismatches"

  • offene Stellen, die an denen Suchende kaum kein Interesse haben oder wo es ein besonders niedriges Gehalt gibt
  • regionale Mismatches (Unternehmen und Ausbildungsplatzsuchende befinden sich örtlich zu weit auseinander)
  • Ausbildungsplatz ist attraktiv, aber Suchende und Firma kommen aus anderen Gründen nicht überein

Oft fehlten den Berufseinsteiger*innen allerdings auch Basisqualifikationen, die Grund dafür sind, dass Firmen die Bewerbenden ablehnten, sagt Silke Anger. In solchen Fällen müssten man viel früher – also lange vor dem Schulabschluss – ansetzen, um die Schüler*innen dabei zu unterstützen, diese Defizite auszugleichen.

Neues Gesetz sorgt für Ausbildungsplatz-Garantie

Um die Lage für Schulabgänger*innen auch rechtlich zu stärken, ist zum 1. August 2024 eine gesetzliche Ausbildungsplatz-Garantie in Kraft getreten. Damit sollen vor allem diejenigen Berufseinsteigenden gefördert werden, die sich nachweislich erfolglos um einen Ausbildungsplatz beworben. Voraussetzung ist, dass sie die Beratungsangebote der Agentur für Arbeit genutzt haben, aber dennoch nicht vermittelt werden konnten.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Ausbildungsstart
Wie Azubis und Firmen besser matchen
vom 05. August 2024
Moderation: 
Ilka Knigge
Gesprächspartnerin: 
Petra Boberg, Journalistin, Deutschlandfunk Nova
Gesprächspartnerin: 
Silke Anger, Professorin für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Bildungsökonomik, an der Universität Bamberg