Die Zukunft der Mobilität wird in Berlin nicht von Elektroautos bestimmt – so stellt sich das jedenfalls die Initiative Volksentscheid "Berlin autofrei" vor. Sie hätte gerne einfach weniger Autos in der Stadt.
Eine Stadt ohne Autos mit mehr Platz für Fußgängerinnen und Fußgänger, Fahrräder, Außenbereiche von Cafés und Restaurants, mehr Bäume, Beete und Parks. Eine Vorstellung ähnlich wie diese hat die Initiative Volksentscheid "Berlin autofrei".
Wie es gelingen könnte, ausreichend Menschen für ihre Ideen zu überzeugen und worin der Unterschied zu den Forderungen der Grünen in Berlin besteht, hat die Pressesprecherin von "Berlin autofrei" Nina Noblé im Interview mit Deutschlandfunk-Nova-Moderator Till Haase erklärt.
Till Haase: Wie autofrei soll Berlin denn eigentlich werden?
Nina Noblé: Autofrei bedeutet in unserem Fall vielmehr autoreduziert. Wir wollen Platz machen für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Personennahverkehr. Trotzdem sollen alle, die darauf angewiesen sind, weiterhin Auto fahren können und schneller am Ziel sein.
Wer aufs Auto angewiesen ist, weil es einfach bequem ist, damit jeden Morgen zur Arbeit zu fahren – würde ich damit durchkommen?
Nein. Es geht uns darum, dass diese Autofahrten, die eventuell auch mit dem öffentlichen Nahverkehr machbar sind, nicht mehr mit dem Auto getätigt werden. Wenn alle eine Ausnahme haben, tut sich nichts.
Würde es nicht erst einmal sinnvoll sein, den öffentlichen Personennahverkehr so zu verbessern, dass er eine autoreduzierte Stadt leichter machen würde?
Ich nutze den ÖPNV in Berlin täglich und finde ihn eigentlich ganz gut. Klar, Busse stehen auch im Stau, vor allem, weil es so viele Autos gibt. Die Debatte ist schwierig, weil sich im schlimmsten Fall lange gar nichts tut, wenn man immer darauf wartet, dass die Alternativen besser geworden sind.
Auf der anderen Seite hätte man noch bessere Argumente, weil man eben eine gute, schnelle Alternative zum Auto anbieten könnte.
Genau so soll es ja auch sein. Wir fordern vom Senat, dass der ÖPNV besser ausgebaut wird. Und das ist auch die Zielvorstellung, dass man genauso schnell oder schneller mit dem ÖPNV unterwegs ist. Wir sehen auch vor, dass es lange Übergangszeiten gibt, sodass der ÖPNV ausgebaut werden kann und sich alle darauf einstellen können. Das soll nicht von heute auf morgen passieren.
Sie wollen Unterschriften sammeln für dieses Vorhaben. Und dann sollen 2023 die Berlinerinnen und Berliner über das Gesetz in einem Volksentscheid abstimmen können. Warum haben Sie Hoffnung, dass Ihnen viele zustimmen? Ich wäre vermutlich etwas zurückhaltender gewesen. Selbst die Grünen in Berlin sagen, dass Ihre Vorstellungen vielleicht ein bisschen weit gehen.
Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Debatte zu verschieben. Dass eben die Grünen nicht das maximale Spektrum an Verkehrswende ausmachen, sondern dass es da noch mehr gibt. Wir haben vor, auch in der Öffentlichkeit dieses Bild zu zeichnen, was eine autofreie Stadt für ein Potenzial hat.
Andere Städte machen vor, was möglich ist. Da steigen die Menschen auch gerne um. Und insofern glauben wir nicht, dass die Menschen so aufs Auto fixiert sind, sie sind es bloß nicht anders gewohnt. In Berlin haben mehr als die Hälfte der Haushalte kein Auto. Und wir gehen davon aus, dass wir von einer Mehrheit unterstützt werden.
Ist der Plan also eine Position einzunehmen, die radikaler ist als die von den Grünen, um sich dann später mit der anderen Seite ungefähr auf die Position der Grünen zu einigen?
Die Grünen haben andere Positionen. Sie wollen ja zum Beispiel vor allem die Elektromobilität voranbringen. Und damit können wir relativ wenig anfangen, weil auch E-Autos Unfälle verursachen und Platz wegnehmen und auch nicht die beste Klimabilanz haben. Wir sind vielmehr davon überzeugt, dass wir wegkommen müssen vom Auto, von der Einstellung, dass alles mit einem Auto gemacht werden muss.
Wir glauben, dass Berlin eine Vorreiterrolle einnehmen kann. Wir wollen die Grünen ein bisschen herausfordern, damit sie sich vielleicht doch nach und nach dazu entschließen, dass ihre Position auch eine autofreie Stadt sein sollte.