Auf Twitch streamen sich Gamer live beim Zocken – eigentlich. Immer öfter zeigen sich dort auch Menschen bei ihrer Arbeit. Wie etwa Bäcker Pawel Bolt. Den Leuten gefällt das offenbar: Er hat rund 26.500 Follower.
Wenn Pawel Bolt um 22 Uhr in seiner Kieler Backstube Knuust mit dem Brötchenbacken anfängt, schauen ihm dabei Hunderte oder sogar Tausende Menschen über die Schulter.
Seit zwei Jahren streamt der Bäcker seinen Arbeitsalltag live auf Twitch. Da, wo andere eigentlich Menschen beim Videospielen zu sehen, hat Pawel Bolt mit seinem Livestream aus der Backstube mittlerweile rund 26.500 Followerinnen und Follower.
Zwischen Backofen und Kamera
Von 22 Uhr abends bis etwa 6 Uhr am Morgen steht er vor der Kamera, knetet seinen Brotteig, singt und verfolgt auf seinem Tablet die Fragen seines Publikums, die sie ihm im Chat stellen.
Dann erklärt er zum Beispiel, wie man am besten einen Sauerteig herstellt. Manche Follower teilen mit ihm auch ihre Sorgen und Probleme. Und manchmal ist der Bäcker minutenlang still und konzentriert sich auf seine Arbeit.
Sich live bei der Arbeit filmen zu lassen ist nicht für jeden etwas, sagt er. Seine zwei Gesellen beispielsweise sind froh, wenn sie nicht vor einer der zwei Kameras stehen.
"Kleine Bäckereien werden immer weniger. Und die großen übernehmen."
Um Ruhm für seine eigene Person gehe es dem Bäcker mit seinen Livestreams nicht. Um Werbung schon. Damit möchte er einerseits auf seine Bäckerei aufmerksam machen und gleichzeitig auf das kleine Backhandwerk, sagt er. Die Livestreams sollen ihm helfen, nicht unterzugehen wie viele andere kleine Betriebe, die große Bäckereiketten immer öfter aufkaufen würden.
Das Handwerk im Stream aufleben lassen
Ähnlich wie Pawel Bolt zeigen sich viele andere mit ihrer Arbeit auf der Livestreaming-Plattfrom. Dem Tischlermeister Siggi Hoffmann zum Beispiel können Followerinnen und Follower beim Schleifen von Frühstücksbrettern zuschauen. Landwirt Eike aus Niedersachsen beantwortet im Stream Fragen über seinen Beruf, während er mit dem Traktor eine neue Ladung Stroh holt.
Und auch Pawel Bolt sagt, dass er sich gerne selbst Streams aus Autowerkstätten ansieht. Seine Followerinnen und Follower begleiten ihn wiederum bei seiner Arbeit, weil Pawel Bolt sie in seiner Backstube unterhält und sie ihn sympathisch finden, schreiben manche von ihnen im Chat auf Twitch.
"Es nützt nichts, das einfach zu machen, um mehr Umsatz zu machen. Es muss einem schon Spaß machen, ein bisschen Show zu machen."
Neben viel positiven Feedback nimmt er mit den Streams mehrere Hundert Euro pro Monat an Werbeeinnahmen ein. In Zukunft träumt er von einem Hof inklusive Backstube, wo er Menschen beibringen möchte, wie sie ihre eigenen Brötchen backen. Auch das möchte Pawel Bolt einmal im Stream zeigen.