Der Skandal um mehr als 1.000 unrechtmäßige Asylbescheide in der Bremer Außenstelle des BAMF sorgt seit Wochen für Diskussionen. FDP und AfD fordern einen Untersuchungsausschuss, die Grünen sind dagegen - unter anderem, weil das zu lange dauere. Wann macht so ein Untersuchungsausschuss Sinn, und welche anderen Mittel gibt es?

Wer trägt die Verantwortung für das, was in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) passiert ist? Diese Frage wird derzeit in Politik und Öffentlichkeit heiß diskutiert. Um sie zu klären, fordern AfD und FDP einen Untersuchungsausschuss. Das halten aber nicht alle für eine gute Idee. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz schließt zwar einen Untersuchungsausschuss nicht aus, hält ihn aber derzeit nicht für sinnvoll, weil er "enorm viel Druck aus der Kiste" nehmen würde. 

"Im Augenblick ist der Druck gut. Es gibt andere parlamentarische Mittel um aufzuklären."

Tatsächlich ist so ein Untersuchungsausschuss langwierig, bestätigt die Politikwissenschaftlerin Svenja Krauss, und zwar von Beginn an: Damit er eingesetzt werden kann, muss er erst mal von 25 Prozent der Abgeordneten im Bundestag beantragt werden, erklärt sie. Dann werden die Sitze nach Stärke der Parteien im Bundestag verteilt. Danach wird mit der Beweisaufnahme begonnen. 

"Das zieht sich natürlich, diese sehr detaillierte Arbeitsweise des Untersuchungsausschusses."
Svenja Krauss, Politikwissenschaftlerin

Der Untersuchungsausschuss, so Krauss, ist ein Mittel zur Kontrolle der Exekutive, also unter anderem der Regierung und Verwaltung, durch das Parlament. Er hat das Recht, Unterlagen einzufordern und er kann Zeugen einberufen und verhören. Aber, schränkt Krauss ein, er kann prinzipiell nicht mehr Macht haben als das Parlament, vor allem gegenüber der Regierung nicht.

Untersuchungsausschüsse können keine Strafen verhängen

Außerdem hätten Ergebnisse eines Untersuchungsausschusses auch keine "sanktionierende Funktion", wie etwa Gerichte. Sie dienen hauptsächlich der Information des Parlaments und – gerade in diesem Falle sei das wichtig, meint Krauss – der Öffentlichkeit.

Alternativen zum Untersuchungsausschuss

Alternativ gibt es die Möglichkeit, Verantwortliche im Bundestag beispielsweise als Fragestunde oder in der aktuellen Stunde direkt zu befragen - in diesem Fall wären das Horst Seehofer, aber auch sein Amtsvorgänger Thomas de Maizière und Peter Altmaier, der zur Zeit der Ereignisse Chef im Bundeskanzleramt war. Und, wie auch schon geschehen, können Sondersitzungen des Innenausschusses einberufen werden. 

"Der Untersuchungsausschuss arbeitet natürlich viel gründlicher."
Svenja Krauss, Humboldt-Universität zu Berlin

Allerdings, gibt Svenja Krauss zu bedenken: In einem Untersuchungsausschuss werden sämtliche Unterlagen beschafft und man kann eine ganze Reihe von Zeugen aufrufen: "Das ist natürlich eine sehr gründliche Aufarbeitung, benötigt dementsprechend aber auch sehr viel Zeit." Deshalb plädiere von Notz eben dafür, jetzt lieber schnellere Mittel einzusetzen. Ob ein Untersuchungsausschuss einberufen werden soll, könne man auch später noch entscheiden, so Krauss.

Shownotes
BAMF-Affäre
Untersuchungsausschüsse – gründlich aber langwierig
vom 02. Juni 2018
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartnerin: 
Svenja Krauss, Politikwissenschaftlerin, Humboldt-Universität zu Berlin