Der Mineralölmarkt in Deutschland ist ein Markt ohne Wettbewerb, sagt Tristan Rohner. Deswegen hält der Jurist ein Nachschärfen des Kartellrechts für sinnvoll.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) will das Kartellrecht reformieren. Übermäßige Gewinne, die Mineralölkonzernen aufgrund äußerer Umstände erwirtschaften, sollen nicht von ihnen, sondern vom Staat kassiert werden. Diese Verschärfung soll wirken wie eine Übergewinnsteuer. Das ist ein Instrument, das der Wirtschaftsminister in der Ampelkoalition nicht hatte durchsetzen können.

Ein Markt ohne Wettbewerb

Auf dem Mineralölmarkt gibt es in Deutschland wenig Wettbewerb, sagt Tristan Rohner, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Absprachen vermutet er hier aber nicht. Mit Bezug auf das Kartellrecht sagt der Jurist: "Ich finde es gut, wenn hier nachgeschärft wird."

"Die Konzerne wissen, wie die Wettbewerber die Preise setzen, und haben deswegen keinen Anreiz ihre Preise zu senken."
Tristan Rohner, Jurist, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Es sei ein Parallelverhalten bei der Preisgestaltung zu beobachten. Optimalerweise unterbieten sich Wettbewerber, um mehr Marktanteile zu erhalten. Dieser Mechanismus sei offenbar auf dem deutschen Mineralölmarkt außer Kraft gesetzt.

Unternehmenszerschlagung als Option

Die Zerschlagung von Unternehmen, wie sie Wirtschaftsminister Robert Habeck ins Spiel geberacht hat, bezeichnet der Jurist als ein "sehr scharfes Schwert".

Es könne aber das letzte Mittel sein, wenn sich anderweitig kein Wettbewerb auf einem Markt schaffen lassen. Ein weithin bekanntes historisches Beispiel ist die Zerschlagung des amerikanischen Telekommunikationskonzerns Bell/AT&T in den 1980er-Jahren.

Tristan Rohner unterscheidet zwei Formen der Entflechtung – angelehnt an den Begriff der Unternehmenskonzentration:

  • Horizontale Entflechtung:
    Raffinerien könnten beispielsweise gezwungen sein, Eigentumsanteile zu verkaufen.
  • Vertikale Entflechtung:
    Tankstellen ausgliedern und unter anderen Konzernen aufteilen. Mineralölkonzerne betreiben in Deutschland sowohl Raffinerien als auch die Tankstellen.
"In verfestigten Marktstrukturen kann die Zerschlagung das Einzige sein, was noch Wettbewerbsverhältnisse herstellen kann."
Tristan Rohner, Jurist, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Shownotes
Benzinpreis und Recht
Jurist zu Kartellrecht: Zerschlagung kann letztes Mittel sein
vom 14. Juni 2022
Moderatorin: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Tristan Rohner, Jurist, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf