"Ich war zu Hause, aber", "Systemsprenger" und "Der goldene Handschuh" - drei deutsche Filme, die sich allesamt am menschlichen Abgrund bewegen - oder darüber hinaus gehen.
Insgesamt 17 Filme gehen in diesem Jahr ins Rennen um die Goldenen Bären, darunter drei deutsche Beiträge. Film- und Serien-Spezialist Tom Westerholt hat sie sich angesehen - und dabei keinen leichten Job gehabt. Denn alle drei Filme beschäftigen sich mit den menschlichen Abgründen und bewegen sich teilweise hart am Rand des Erträglichen.
Die Filmkritik im Einzelnen
Ich war zu Hause, aber
Ein 13-jähriger Junge verschwindet spurlos, kommt nach einer Woche plötzlich wieder nach Hause und sagt nicht, wo er war und was das sollte. Es bekommt auch keiner raus, auch nicht seine "meganervige Psycho-Mutter", so Tom. Das Ganze entwickelt sich zwar im Laufe des Films, aber Tom Westerholt sagt, im Prinzip will man es da als Zuschauer schon gar nicht mehr wissen. Man will nur, dass es endlich vorbei ist.
"Es handelt sich um die nervigsten und langweiligsten 105 Minuten, durch die ich mich echt seit Langem quälen musste."
Der Film beginnt mit wortlosen elf Minuten. Wenn dann geredet wird, wird es allerdings eher schlimmer als besser, findet Tom Westerholt. Denn dann folgen pseudo-intellektuelle Laber-Dialoge. Begleitet wird das Ganze von zermürbend langen, statischen Kamera-Einstellungen, in denen sich die Schauspieler von einem Bildrand zum anderen schleppen.
Sein Fazit: eine ganz extreme Form von "Berliner Schule". Ein gewollt zermürbender Film, der zwar gut gemeint ist, aber definitiv nicht gut geworden: "Der ist so unerträglich, würde mich nicht wundern, wenn der am Ende zur Strafe was gewinnt".
Der goldene Handschuh
Ein Film über den Hamburger Frauen-Serienmörder Fritz Honka, der in den 70er Jahren vier Frauen ermordet, zerstückelt und Teile der Leichen in seiner Wohnung versteckt hat. Eine Verfilmung von Fatih Akin nach dem gleichnamigen Buch von Heinz Strunk. Der titelgebende "goldene Handschuh" ist dabei der Name der ranzigen Kneipe auf St. Pauli, aus der Fritz Honka manche seiner Opfer nach Hause geschleppt hat.
"Wirklich schwer erträgliche Bilder haben wir da im Berlinale Palast gesehen, Gewaltszenen die zurecht auch erst für eine Freigabe 'ab 18' geführt haben."
Der Film polarisiert gerade extrem. Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Tom Westerholt hasst den Film nicht, aber lieben, sagt er, kann er diesen Film auch nicht wirklich. Denn die Bilder sind wirklich schwer erträglich, sagt Tom: "Du konntest den Verwesungsgestank in der völlig verdreckten Wohnung des schweren Alkoholikers und Soziopathen Honka quasi von der Leinwand herunter riechen."
Also krasser Inhalt, aber super gefilmt und nah an der Geschichte. Viel Lob gibt es von Tom auch für den erst 22-jährigen Hauptdarsteller, den eigentlich gut aussehenden Jonas Dassler. Hier hat die Maske wirklich ganze Arbeit geleistet und den jungen Schauspieler mit viel Make-up und Gesichtsprosthetik bis zur absoluten Hässlichkeit entstellt.
Das Fazit: Szenen hart am Erträglichen und weder für schwache Nerven noch für schwache Mägen.
Systemsprenger
Der Film handelt von der 9-jährigen Benni, gespielt von Helena Zenge, einem Mädchen mit einem heftigen Gewaltproblem und damit ein sogenannter "Systemsprenger". Benni rastet unvermittelt total aus und ist damit eine echte Gefahr für sich und andere. Seit Jahren wird sie deshalb von einer Pflegefamilie zur nächsten verschoben.
"Einer der absolut besten Filme im Wettbewerb."
Für Tom Westerholt trotz des harten Themas einer der absolut besten Filme im Wettbewerb. Denn Regisseurin Nora Flingscheidt setzte ihre erst 10-jährige Hauptdarstellerin super in Szene. Das führe dazu, dass er als Zuschauer richtig mit der Kleinen mitgelitten habe, die am Ende einfach nur irgendwo hingehören und geliebt werden will. Trotzdem habe der Zuschauer gleichzeitig Angst vor ihren Gewaltausbrüchen.
Sein Fazit: "Kleines Mädchen, ganz großes Kino!"
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