Im Fall Erdogan vs. Böhmermann zu vermitteln, ist ganz schön kompliziert, sagt die Mediatorin Andrea Wegner-Katzenstein. Nicht nur wegen unterschiedlicher Wertevorstellungen, sondern auch wegen ganz eigener Persönlichkeiten.
Mediatoren schalten sich in Konflikte ein, damit es gar nicht erst zum Gerichtsprozess kommt. Das wäre doch auch was für Jan Böhmermann und Recep Tayyip Erdogan. Am besten lädt man direkt Angela Merkel dazu ein, sagt die Mediatorin Andrea Wegner-Katzenstein. Denn mit allen Betroffenen zusammenzusitzen ist immer gut.
"Es ist immer sinnvoll, wenn man die unmittelbar Beteiligten an einen Tisch bringt."
Im Fall Böhmermann kommt einiges zusammen: kulturelle Unterschiede und politische Interessenskonflikte. Tricky sei auch, dass das Gedicht als bewusste Grenzverletzung angelegt wurde. Was nicht nur bei einigen Türken schlecht ankam, sondern auch in Deutschland inhaltlich kritisiert wurde.
So etwas wie Bedauern
In der Auseinandersetzung geht es nicht nur um kulturelle Differenzen, sondern auch um den Charakter der Kontrahenten, sagt die Mediatorin. Erdogans gehobene Position als Präsident der Türkei spielt dabei eine entscheidende Rolle. Erdogan ist ein Mann, so die Mediatorin, der in seiner Ehre, in seinem Status und in seiner Sicht auf sich selbst verletzt ist. Im Laufe seiner Karriere hat der türkische Premier über 1500 Verfahren wegen Beleidigung in Gang gesetzt: "Das zeigt auch, wie er tickt."
"Ich will das nicht bewerten - aber aus meiner Sicht ist durch die Reaktion von Frau Merkel etwas eskaliert. Das hat seine Position gestärkt und das macht es nicht einfacher."
Der erste Schritt: "Es wäre notwendig die Eskalationsstufen ein Stück zurückzugehen." Außerdem empfiehlt die Mediatorin, das gegenseitige Verstehen anzukurbeln. Zum einen zu erklären, wie Kultur und Verfassung in Deutschland gesetzt sind, zum anderen so etwas wie Bedauern auszudrücken, dass das Gedicht falsch angekommen ist. Auch, wenn es eine echte Entschuldigung nicht geben wird.
"Aussichtslos ist es nicht, aber man muss sich klar sein, dass es ein Wertekonflikt ist, der sich da zeigt."
Hilfreich wäre ein Vermittler, sagt die Mediatorin, der zwischen den Beteiligten pendelt und den Job des Mediators übernimmt. Jemand, der moderiert, aber nicht bewertet. Seine Aufgabe im Fall Erdogan gegen Böhmermann wäre auch aufzudecken, worin der Kern des Konfliktes eigentlich liegt. Nur dann lässt er sich beseitigen.
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