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Hass, Hetze und offene Gewalt – Politikerinnen und Politiker erleben das im Wahlkampf immer wieder. So auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Rasha Nasr. Sie erzählt uns, was das mit ihr macht und wie sie sich und ihr Team versucht zu schützen.

Rasha Nasr hat ihren Wahlkreis in Dresden. Sie hat am eigenen Leib erfahren, wie bedrohlich der Wahlkampf werden kann. In der Dresdner Straßenbahn wurde sie durch einen wütenden Mann beinahe körperlich angegriffen, ein Ereignis, das sie nachhaltig prägte.

"Da stand ein Mann mit geballter Faust und sagte – wir Politiker gehören alle an die Wand gestellt und gejagt."
Rasha Nasr, SPD, Mitglied des Bundestages

Nur weil zwei andere Menschen den Zwischenfall beobachteten und den Mann aus der Straßenbahn schoben, konnte ein Übergriff verhindert werden.

Nasr berichtet aber auch von Droh-SMS, die sie bekommen hat. In diesen wurde ihr mit Vergewaltigungen gedroht, zudem wurde Nazi-Vokabular verwendet. Darüber hinaus erhielt sie auch Drohanrufe.

Schutz durch Selbstverteidigung

Diese Vorfälle haben Rasha Nasr und ihr Team dazu bewogen, einen Selbstverteidigungskurs zu belegen. Dieser Kurs sei nicht nur eine physische Vorbereitung gewesen, sondern habe ihr auch mental geholfen, mit den Anfeindungen umzugehen.

Ein weiteres wichtiges Element, das Nasr aus dem Selbstverteidigungskurs mitgenommen hat, ist die Bedeutung, laut zu werden und Aufmerksamkeit zu erregen.

"Ich würde sofort laut werden und Stopp rufen. Allein dieses Lautsein und ein kurzes Wort, worauf Menschen aufmerksam werden, bringt schon ganz viel."
Rasha Nasr, SPD, Mitglied des Bundestages

Sie erklärt, dass das Überraschungsmoment und das Hervorheben als starke Person den Angreifer beeindrucken können.

"Diese Sekunde Mut, in sich zu finden und laut zu werden, war für mich eines der wichtigsten Learnings."
Rasha Nasr, SPD, Mitglied des Bundestages

Nasr arbeitet zudem eng mit der Polizei zusammen, um bei Wahlkampfaktionen mehr Sicherheit zu gewährleisten. Jeder Infostand und jedes Event wird den Polizeidienststellen gemeldet.

Beim Plakatieren, bei dem alle Wahlkämpfer auch auf Helferinnen und Helfer angewiesen sind, sollen immer drei Menschen vor Ort sein und ein Auto in Reichweite, um sich notfalls schnell vom Ort zu entfernen.

Die wachsende Gefahr für Politikerinnen und Politiker

Unboxing-News-Reporterin Anna Kohn erklärt, dass die Angriffe auf Politiker nicht nur während der Wahlkampfzeiten zunehmen. Laut dem Bundeskriminalamt wurden im Jahr 2023 rund 2700 Angriffe auf Mitglieder von Parteien gemeldet.

Für das vergangene Jahr lägen noch keine abschließenden Zahlen vor. BKA-Chef Münch gehe jedoch von einer steigenden Zahl aus, betont Kohn. Die gemeldeten Angriffe reichen von Beleidigungen und Drohungen bis hin zu körperlichen Übergriffen.

"Beleidigungen, Drohungen, üble Nachrede und auch Körperverletzungen – das sind nur ein paar strafrechtlich relevante Delikte, die in der Statistik auftauchen."
Anne Kohn aus dem Unboxing News Team

Besonders betroffen sind Mitglieder der Grünen mit über 1200 Angriffen, gefolgt von der AfD mit knapp 500 Attacken. Die Gewalt richtet sich aber nicht nur gegen einzelne Parteien, sondern betrifft Politikerinnen und Politiker aller politischen Richtungen.

Ein Beispiel dafür ist die Linken-Politikerin Samara Schrenk, die in Görlitz von mutmaßlich rechtsextremen Tätern attackiert wurde.

Zwischen Mut und Resignation

Die Bedrohungslage hat bereits dazu geführt, das einige Politikerinnen und Politiker sich aus der politischen Arbeit zurückziehen. Rasha Nasr nennt Yvonne Marquards und Marco Wanderwitz von der CDU als Beispiele für Personen, die den Belastungen nicht mehr standhalten konnten.

"Ich habe keine Lust, mir das hier wegnehmen zu lassen. Ich liebe diese Stadt, und ich liebe es, Bundestagsabgeordnete sein zu dürfen."
Rasha Nasr, SPD, Mitglied des Bundestages

Doch für Nasr ist der Rückzug keine Option. Sie sieht in den Schutzmaßnahmen und der Unterstützung durch ihr Team die Möglichkeit, weiterzumachen. Sie liebe Dresden, und es sei ein großes Privileg, für diese Stadt im Bundestag sitzen zu dürfen.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Bundestagswahl
Wie sich Politiker vor Gewalt im Wahlkampf schützen
vom 07. Januar 2025
Moderatorin: 
Rahle Klein
Gesprächspartnerin: 
Rasha Nasr, SPD-Bundestagsabgeordnete