• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Die USA wenden sich von Europa ab. Deshalb wird darüber diskutiert, wie wir uns selbst besser verteidigen können – auch über eine neue Wehrpflicht. Wie könnte die aussehen? Was sagt die Politik? Und was wünscht sich ein Oberstleutnant der Bundeswehr?

2011 wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Der Grund: Friedenszeiten. Seit 2023 herrscht aber in der unmittelbaren Umgebung von Deutschland beziehungsweise in Europa ein Krieg.

Die Ukraine wird seit dem Überfall von Russland durch europäische Länder bei der Kriegsführung unterstützt. Bisher konnte dir Ukraine auch auf die Unterstützung der USA bauen. Mit dem Machtwechsel in den USA ist das aber nun wohl vorbei. Der neue US-Präsident Donald Trump hat alle Militärhilfen für die Ukraine eingefroren.

Falls die Ukraine von Russland besiegt werden würde, könnte auch für andere europäische Länder ein Krieg mit Russland drohen. Auch in Deutschland wird daher über Aufrüstung und über die Rückkehr der Wehrpflicht diskutiert. Im Juni vergangenen Jahres waren in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov 60 Prozent der Befragten für eine Wehrpflicht in Deutschland.

Wehrpflicht 2.0

Ist es überhaupt möglich, die Wehrpflicht in Deutschland schnell wieder einzuführen? Deutschlandfunk-Nova-Reporter Justus Wolters sagt: Ja. Im Gesetz steht, dass im Spannungs- oder Verteidigungsfall die Wehrpflicht wieder in Kraft treten könnte.

Aber auch jetzt wäre eine Reaktivierung möglich, auch ohne dass dieser Fall eintritt. Es müsste nur eine Gesetzesänderung beschlossen werden. Und dafür braucht es nur eine einfache Mehrheit im Bundestag. Wenn auch Frauen wehrpflichtig werden sollen, dann wiederum ist das schwerer umsetzbar. Denn dazu müsste es eine Änderung der Verfassung geben, für die es eine Zweidrittelmehrheit braucht.

"Wir dümpeln seit vielen Jahren 180.000 Soldatinnen und Soldaten rum und wollen auf 203.000 Soldaten kommen."
Oberstleutnant Marcel Bohnert

Aktuell fehlen der Bundeswehr etwas mehr als 20.000 Soldat*innen, sagt Oberstleutnant Marcel Bohnert. Möglicherweise soll die Zahl sogar noch weiter steigen, aber dafür bedarf es viel Nachwuchs. Marcel Bohr erklärt, dass besonders die unteren Abteilungen zu wenig besetzt sind. Dazu gehören beispielsweise Panzerfahrer*innen oder technische Berufe.

Die politische Lage in der Ukraine hat zwei Folgen für die Bundeswehr, erläutert Marcel Bohnert. Zum einen kommen mehr Menschen, die für die Verteidigung ihrer Heimat sorgen wollen.

Oberstleutnant Marcel Bohr in Uniform
© Marcel Bohr
Oberstleutnant Marcel Bohnert

Zum anderen gibt es auch eine abschreckende Wirkung des Ukraine-Kriegs. Junge potenzielle Soldat*innen befürchten, in den Krieg ziehen zu müssen, und entscheiden sich deshalb gegen die Bundeswehr. Trotz Personalmangels hat die Rückkehr zur Wehrpflicht für Marcel Bohr sowohl Vorteile als auch viele Nachteile.

Vorteile und Nachteile der Wehrpflicht

Aus Sicht von Marcel Bohnert war die Aussetzung der Wehrpflicht auch eine Erleichterung, erklärt er. Durch den freiwilligen Eintritt in die Bundeswehr hat sich das Level an Professionalität der Soldat*innen, die sich in der Ausbildung befinden, erhöht.

"Es werden auch in bestimmten Bereichen zumindest ziemliche Härten und Jahren eine gewisse Robustheit verlangt."
Oberstleutnant Marcel Bohnert

Unterschiedliche Bereiche verlangen in der Bundeswehr auch ganz gezielte Fähigkeiten, die wiederum nun besser besetzt werden können, erläutert der Oberstleutnant. Dennoch sagt er, dass vorher die Bundeswehrsoldat*innen in ihrer Ausrichtung auch diverser waren und das der Bundeswehr gleichzeitig auch gut getan hat. Daher ist er für einen Vorschlag vom noch amtierenden Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius: Dieser möchte einen ganzen Jahrgang per Brief dazu auffordern, zur Bundeswehr zu gehen.

Alle potenziellen Wehrdienstleistenden, auch Frauen, sollen einen Fragebogen bekommen, um zu schauen, wer diensttauglich wäre. Alle angeschriebenen Männer werden dann dazu verpflichtet, darauf zu antworten. Frauen müssten nicht darauf antworten. Alle geeigneten Menschen würden dann zur Musterung eingeladen. Und ob man dieser Einladung folgt, wäre wieder für alle freiwillig.

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an Info@deutschlandfunknova.de

Shownotes
Bundeswehr
Brauchen wir jetzt wieder die Wehrpflicht?
vom 06. März 2025
Moderatorin: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Justus Wolters, Deutschlandfunk-Nova-Reporter
Gesprächspartner: 
Marcel Bohnert, Oberstleutnant bei der Bundeswehr