Wie kann ich meinem Land dienen? Indem ich zur Bundeswehr gehe, hat Nariman Hammouti-Reinke vor 14 Jahren beschlossen. Damals war sie eine der ersten Frauen und eine der wenigen Soldatinnen mit Migrationshintergrund. Was sich seitdem in der Bundeswehr verändert hat, was gut läuft und was nicht, hat sie jetzt in einem Buch aufgeschrieben.

"Ich diene Deutschland. Ein Plädoyer für die Bundeswehr – und warum sie sich ändern muss". So lautet der vielsagende Titel des Buches, das die Offizierin und Sicherheitsbeauftragte der Deutschen Bundeswehr verfasst hat.

Die Angst ist immer da

In einen Kampfeinsatz zu gehen, sei nichts Schönes, sagt die Soldatin und Muslima. Irgendwann schleiche sich zwar ein bisschen Routine ein und man werde ein bisschen stumpfer in seinen Emotionen. Doch im Krieg beschossen zu werden – zum ersten Mal ist ihr das bei einem Raketenangriff auf das Bundeswehrlager Kundus
in Afghanistan passiert – sei immer schlimm.

"Man hat immer Angst. Das ist nicht schön. An Krieg kann man sich nicht gewöhnen."
Nariman Hammouti-Reinke, Bundeswehrsoldatin

Als Frau mit Migrationshintergrund – ihre Eltern stammen aus Marokko – werde man diskriminiert und habe mit Vorurteilen zu kämpfen, sagt Nariman Hammouti-Reinke. Sie hat sich aber durchgeboxt und nie aufgegeben. Mittlerweile ist die Offizierin zu einer Art Botschafterin für Minderheiten in der Bundeswehr geworden.

Bevor sie zur Bundeswehr gegangen ist, sei sie "extrem weiblich" gewesen, sagt Nariman Hammouti-Reinke. Sie habe 20 Kilo mehr gewogen und sei nie ohne Absätze oder ungeschminkt aus dem Haus gegangen. Nicht mal den Müll habe sie ungeschminkt rausgebracht. Vieles hat sich seitdem verändert.

Eine Lebenseinstellung

Für sie ist der Dienst bei der Bundeswehr, der Dienst für das eigene Land, eine Lebenseinstellung. Manchmal nehme ihr Beruf bis zu 80 Prozent ihres Lebens ein, sagt sie. Aber sie mache das gerne. Für sie ist es "die höchste Form der Integration, dass ich in der Bundeswehr diene und bereit bin, für Deutschland zu sterben".

"Für mich ist das eine Ehre, unserem Grundgesetz und unserer Flagge zu dienen. Diese Uniform tragen zu dürfen und für Einigkeit und Recht und Freiheit einzustehen."
Nariman Hammouti-Reinke, Bundeswehrsoldatin

Die Menschen in Afghanistan würden alles dafür tun, so ein Grundgesetz wie das deutsche zu haben, sagt die Offizierin.

Ist die Bundeswehr noch zeitgemäß?

Eine große, eigene Armee zu haben, sei nicht mehr zeitgemäß, sagen Bundeswehrkritiker. Nariman Hammouti-Reinke sieht das anders: Deutschland sei Bündnispartner, die europäische Armee gebe es noch nicht und "so groß" sei die Bundeswehr ja auch gar nicht: 2019 habe Deutschland "die kleinste Bundeswehr aller Zeiten". Unser Bild oben zeigt Nariman Hammouti-Reinke einmal mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und einmal mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus

Ihre Eltern und Geschwister seien sehr stolz darauf, dass sie es bis zur Offizierin geschafft habe – und dass sie einen Weg gefunden hat, sich gegen Diskriminierung und Rassismus einzusetzen.

Unter anderem mit einem Facebook-Post gegen Rassismus nach den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/16 in Köln hatte die Hannoveranerin für Aufsehen gesorgt. Sie hatte damals geschrieben: "Alles hinzuschmeißen, weil ein Tausendstel der Flüchtlinge kriminell geworden ist, würde unser Wertesystem als Heuchelei entlarven. Man kann nicht der Vorsitzende vom Vegetarierbund sein, aber zur nächsten Schnitzelbude flüchten, wenn man eine angeschimmelte Gurke im Kühlschrank hat."

Shownotes
Bundeswehrsoldatin Nariman Hammouti-Reinke
"Es ist eine Ehre, unserer Flagge zu dienen"
vom 28. April 2019
Moderation: 
Sebastian Sonntag
Gesprächspartnerin: 
Nariman Hammouti-Reinke, Bundeswehrsoldatin