Christoph Schwarz ist Künstler, Filmemacher und wohnt in Wien. Er wünschte sich ein Kräuterbeet, aber vor seinem Haus waren nur Parkplätze. Also hat er ein Cabrio mit Kräutern bepflanzt – und vor dem Haus geparkt.

Christoph Schwarz bekam vor einiger Zeit ein gelbes, altes Peugeot-Cabriot geschenkt. Er überlegte, was er damit machen könnte und kam auf die Idee, das Auto zu einem Kräuterbeet umzufunktionieren: Das Cabrio hat einen Holzunterbau, wurde mit Teichfolie ausgekleidet und mit Erde gefüllt. "Wir haben auch einen Wasserablauf, das heißt, bei Starkregen könnte Wasser auch ablaufen", erklärt er.

Ärger mit dem Ordnungsamt

Petersilie, Kapuzinerkresse, Zitronenmelisse – die Kräuter wachsen gut. Ärger gibt es jedoch mit den Behörden, denn die Stadt Wien schickte bereits einen Abschleppbescheid. Die Verordnung sagt, dass der Wagen dann noch als Wagen gilt, wenn er schnell wegbewegt werden kann. Christoph und seine Nachbar*innen brauchen aber eine halbe Stunde, bis sie die Kräuter umgepflanzt, bis sie die Teichfolie beiseite und das Auto fahrbereit haben.

"Dadurch, dass der Fahrersitz eben auch mit Erde befüllt und bepflanzt ist, muss der erst freigeräumt werden. Und das ist den Behörden zu langwierig."
Christoph Schwarz, Künstler und Klimaaktivist

Es gibt kein Gesetz gegen das Bepflanzen von Cabrios aber eben auch keine Passagen in der Straßenverkehrsordnung, die genau das erlauben. Und jetzt muss Christoph Schwarz mit den Behörden aushandeln, wieviel er verändern muss, damit das Auto im öffentlichen Raum gesetzeskonform parken kann. Der Künstler findet, dass Autos verhältnismäßig viel Platz im öffentlichen Raum beanspruchen: "Es besteht hier eine große Diskrepanz, wieviel Leute den Individualverkehr nützen und wieviel das in Anspruch nimmt." Angesichts der Klimakrise wünscht er sich hier Veränderungen.

"Ich glaube, da müsste einfach eine Gerechtigkeit wieder her, im Sinne der Klimakrise und da sollte man alle Aktionen, die den öffentlichen Raum begrünen, umarmen und nicht erschweren."
Christoph Schwarz, Künstler und Klimaaktivist

Der Raum in unseren Städten ist knapp und teuer. Autos parken vielerorts dennoch massenhaft auf zentralen Plätzen. Und das ist gar nicht teuer für die Autos: Wie schräg die Verhältnisse sind, das zeigen Berechnungen des deutschen Instituts für Urbanistik. Ein Autostellplatz hat etwa 12 Quadratmeter. In Berlin kostet das 80 Euro pro Jahr. In Wien zwischen 90 und 120 Euro. Wer nun Bodenrichtwerte zugrunde legt, Herstellungs- und Bewirtungskosten mit einbezieht, die ortsüblichen Garagenmieten anschaut, der sieht schnell: Das parkende Auto hat so etwas wie eine Flatrate in der Stadt.

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Christoph Schwarz würde an diesem Missverhältnis gerne etwas ändern, aber er merkt immer wieder bei Gesprächen mit Verantwortlichen, dass das gar nicht so einfach ist. "In Wien ist es ganz oft so, dass man, wenn man eben solche Sachen anspricht. Dann kommt immer die Antwort na ja, dann geh doch aufs Land. Also, warum willst du damit in der Stadt anfangen", erzählt er, "so als ob wir uns einfach daran gewöhnt haben, dass die Städte nicht für den Menschen da sind, dass Städte einfach betoniert sein müssen."

Mit dem Cabriobeet hofft er, einen Präzedenzfall zu schaffen, für den es eine gute Regelung gibt – und der viele Nachahmerinnen und Nachahmer findet.

Shownotes
Urban Gardening
Das Cabriobeet: Kritik an öffentlicher Raumverteilung
vom 30. August 2021
Autor: 
Stephan Beuting