"Die Tiere holen sich die Städte zurück." So oder so ähnlich ist es im Moment oft zu hören. Wir haben geschaut, was dran ist an den Meldungen, dass zur Zeit mehr Wildtiere in unseren Städten unterwegs sind als sonst.
Wegen der Einschränkungen, die gelten, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, streifen zur Zeit mehr Wildtiere durch die Städte als sonst: Pumas in Santiago de Chile, Koyoten in New York, Wildschweine in Tel Aviv, Rehe in Madrid, Möwen in Venedig, wilde Ziegen vor dem Fastfood-Laden, Füchse auf der Gartenliege…
Viele Tiere waren schon in der Nähe
Häufig sind es Arten, die ohnehin schon länger in Städten unterwegs sind. Füchse und Wildschweinen zum Beispiel zeigen sich im Moment nur mehr und nutzen die menschenleeren Räume in der Stadt stärker – auch tagsüber. Die Stadt als Lebensraum für Wildtiere ist nicht neu, bestätigt Derk Ehlert, der Wildtierbeauftragte der Berliner Senatsverwaltung.
"Wildtiere sind in der Stadt auch schon vor Corona dagewesen."
Derk Ehlert beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema. Gerade hat er ein Youtube-Video gepostet, in dem erklärt, wie die Tiere die Räume nutzen, die sich ihnen jetzt vermehrt bieten - zum Beispiel die Koyoten in New York.
"Koyoten gibt es in New York schon seit zehn Jahren. Mit oder ohne Corona haben die sich diesen Lebensraum ausgesucht."
Die Pumas, die in Santiago de Chile herumstreifen, hätten davor in der Peripherie gelebt. Tatsächlich seien sie jetzt weiter in die Stadt eingedrungen, weil sie dort auf weniger Menschen treffen als vorher. So können sie auch ihre Nahrungsräume vergrößern.
Tiere erobern nicht die Stadt
Der Zusammenhang mit der Corona-Krise sei also schon da, sagt Derk Ehlert. Das heiße aber eben noch lange nicht, dass die Tiere jetzt in Scharen dort hinkommen und die Stadt erobern. Ein solcher Prozess, dass sich neue Arten in der Nähe des Menschen ansiedeln und dann auch dauerhaft anpassen an das Leben in der Stadt, dauere sehr viel länger.
Warum sich die Tiere den Städten nähern, obwohl es laut, zugebaut ist und überall Menschen sind, liegt an den wenigen Grünflächen wie Parks, Friedhöfen oder kleine Brachflächen.
Stadt bietet manchmal sogar Vorteile
Manchmal lebt es sich für Wildtiere oder auch Insekten in der Stadt besser als auf dem Land mit industrieller Monokultur und vielen Pestiziden. Ein Beispiel ist die Amsel, die früher mal ein scheuer Waldvogel war, sagt der Ornithologe Hans-Heiner Bergmann.
"Vor hundert Jahren kamen Amseln in die Städte und bis heute brüten sie dort. Im Winter ist es wärmer und außerdem finden sie da genug zu fressen."
Dass es in Menschennähe mehr Futter gibt, ist ein wichtiger Punkt. In Corona-Zeiten und geschlossener Gastronomie ist es allerdings sogar eher schwerer geworden für die Tiere, weil sie nicht mehr so viele Essensreste aus Mülleimern und von der Straße holen können.
Herausforderungen für die Tiere
Auch dass die Parks, Grünflächen und angrenzenden Wälder gerade besonders voll sind mit Menschen – die dann auch nicht auf den Wegen bleiben, weil sie versuchen, einander auszuweichen und Abstand zu halten – ist eine große Herausforderung für die Tiere. Zum Beispiel für brütende Vögel oder Tierarten, die mit ihren Jungtieren beschäftigt sind.
Deshalb ist es im Moment auf jeden Fall eine gute Idee, beim Spazierengehen möglichst auf den Wegen zu bleiben und den Hund – gerade auch im Wald – anzuleinen, um die Wildtiere nicht zu stressen.
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