Deutschlandfunk-Nova-Reporter Henri Sarafov muss damit klarkommen, dass seine Freundin vor zwei Jahren am Post-Covid-Sydrom erkrankt ist. Und das hat die Beziehung der beiden ziemlich verändert, hat uns Henri selbst erzählt.

Was leckeres Essen gehen, dann ein, zwei Runden Billard spielen und später noch einen Cocktail. Das war so ein Date-Abend, den meine Freundin Paula und ich früher total gerne gemacht haben. Bestimmt zweimal im Monat. Bis sie im November 2021 an Corona erkrankt ist und seitdem am Post-Covid-Syndrom leidet.

"Essen gehen, mit lange sitzen und den ganzen Geräuschen, ist super anstrengend für mich. Geht ab und zu noch. Aber Billard ist aktuell ganz raus. Ich hab sowieso durchgehend Kopfschmerzen, und diese aneinander knallenden Billardkugeln verschlimmern die nur."
Paula, leidet unter dem Post-Covid-Syndrom

Gerade zu Beginn der Krankheit fiel es mir enorm schwer stattdessen alleine rauszugehen, feiern zu gehen, Leute zu Treffen und Paula zuhause im Bett zu lassen. Als würde ich ihr jetzt vorleben, wie es ist, gesund zu sein. Und wegen dieses schlechten Gewissens hatte ich auch viele Events abgesagt.

Nicht nur zu Hause abhängen

Bettina Fromm hält das für den falschen Weg. Sie ist Psychologin und Systemische Therapeutin in Köln und sie sagt: Es ist wichtig, selber weiterhin Spaß haben zu dürfen. Es helfe gar nichts, wenn beide nur zu Hause sitzen.

"Weil Sie sind frustriert, dass Sie nicht auf dem Festival waren oder auf irgendeiner Veranstaltung. Und dadurch geht Ihnen ja auch Lebensfreude verloren, die Sie bräuchten, um sich wiederum positiv unterstützend um Ihre Partnerin kümmern zu können."
Bettina Fromm, Psychologin und Systemische Therapeutin in Köln

Also eigentlich ein Win-Win. Wäre da nicht wieder dieses schlechte Gewissen: ‚Ist das jetzt wirklich Ok, dass ich raus gehe?‘ Und: ‚Was ist, wenn ich weg bin, und ihr geht’s schlecht?‘

Chronische Krankheiten erfordern Absprachen

Mein Kumpel Jens kennt diesen innerlichen Konflikt auch sehr gut. Seine Freundin ist vor einigen Jahren an Multipler Sklerose erkrankt. Und die beiden haben darum klare und verbindliche Absprachen vereinbart, sagt Jens.

"Angenommen, ich möchte auf eine Party gehen, und sie ist krank, dann sprechen wir halt darüber. Und wenn sie sagt, das ist in Ordnung, dass ich geh, dann geh ich auch. Dann darf sie mir im Endeffekt keinen Vorwurf machen. Und wenn sie sagt, zum Beispiel: ‚Ne, ich brauch dich jetzt hier. Es wäre schön, wenn du bleibst.‘ Dann bleib ich auch, ohne mich zu beschweren oder ihr nen Vorwurf zu machen."
Jens, seine Freundin ist an Multipler Sklerose erkrankt

Das klappt wohl auch ganz gut. Was Jens allerdings noch schwer fällt, ist seinen eigenen Frust über die Krankheit zu kommunizieren. Er sagt, er versuche immer eine Stütze und eine positive Kraft zu sein und die negativen Emotionen seiner Freundin auch aufzufangen.

"Aber da bleibt natürlich auch sehr viel bei mir hängen, und natürlich hab auch ich sehr große Angst vor ihrer Krankheit. Das kann ich aber sehr schlecht mit ihr teilen, weil ich bei ihr sonst nur noch mehr Probleme erzeugen würde."
Jens, seine Freundin ist an Multipler Sklerose erkrankt

Ich kenne dieses Gefühl sehr gut, meine Freundin am liebsten in Watte packen zu wollen. Mittlerweile können Paula und ich auch gut zusammen trauern. Dadurch fühlen wir uns auch vom anderen mehr gesehen, in der Emotion.

Wichtig: Offen und ehrlich sein

Die Psychologin Bettina Fromm sagt außerdem: Diese Angst, dass ich meine Partnerin mit meinen Emotionen belasten könnte, muss ja überhaupt nicht begründet sein.

"Weil manchmal ist das im Kopf der anderen Person gar nicht so, und man nimmt Rücksicht auf etwas, was man sich selber ausdenkt und was gar nicht existiert. Also von daher: Offene Kommunikation ist eigentlich das A und O."
Bettina Fromm, Psychologin und Systemische Therapeutin in Köln

Dazu gehört auch, ehrlich zu sagen: Was erwarte ich weiterhin von der Beziehung, trotz deiner Krankheit. Es sei wichtig, die eigenen Bedürfnisse formulieren zu können und auch deutlich zu machen, wo Grenzen sind.

"Wo über die Akutphase hinaus, wenn sich eine Erkrankung oder in diesem Fall ja auch Post-Covid länger zieht, wo ich nicht mehr in der Lage bin, diese Unterstützung zu leisten."
Bettina Fromm, Psychologin und Systemische Therapeutin in Köln

Und dafür ist es auch wichtig, dass der gesunde Partner nicht alles alleine auffangen muss. Sondern auch Freund*innen, Familie und eventuell eine Therapie der erkrankten Person helfen können.

Alternativen finden, die beiden gefallen

Paula und ich haben zudem gelernt, wie wir unsere Dates von früher fortsetzen können. Mit schönen, machbaren Alternativen.

"Wir gehen ins Kino, wo man gut parken kann. Henri fährt, dann fällt diese Anstrengung für mich weg. Und danach holen wir uns was Leckeres bei Chum Chay."
Paula, leidet unter dem Post-Covid-Syndrom

Eines unser Lieblingsrestaurants. Und dann essen wir gemütlich auf der Couch. Statt Billard spielen wir zuhause irgendwas. Und diese Abende mag ich richtig gerne.

Shownotes
Corona-Spätfolgen
Wenn Post-Covid die Beziehung belastet
vom 03. November 2023
Moderatorin: 
Anke van de Weyer
Autor: 
Henri Sarafov, Deutschlandfunk-Nova-Reporter