Infektionsketten werden unterbrochen, Quarantänen durchgesetzt, zum Händewaschen wird aufgerufen: Das alles führt offenbar dazu, dass die Infektionszahlen in Deutschland nur langsam ansteigen. Sollte sich das ändern, würden wohl auch die Maßnahmen angepasst.

Das neuartige Coronavirus breitet sich langsam weiter aus: Neusten Zahlen zufolge haben wir 240 Fälle in Deutschland, davon 111 allein in NRW (Stand: 04.03.2020).

Die Infektionen nehmen also zu, trotz aller Quarantäne- und Schutzmaßnahmen. Allerdings steigen die Zahlen recht langsam, was ein Zeichen dafür sei, dass das Gesundheitssystem in Deutschland recht gut funktioniere, sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Grit Kienzlen.

Zwischen 5 und 15 Prozent der Kontaktpersonen infizieren sich

Generell ist es noch schwer abzuschätzen, wie hoch die Ansteckungsgefahr mit dem Virus Sars-CoV-2 tatsächlich ist. Mit der sogenannten "secondary attack rate" – also einer "zweiten Angriffsrate" – bezeichnet man die Fälle, die sich durch einen Infizierten angesteckt haben. Virologe Christian Drosten schätzt, dass die Zahl der infizierten Kontaktpersonen zwischen 10 und 15 Prozent liegt.

"Wir schätzen, dass wir eine secondary attack rate von fünf bis zehn, vielleicht 15 Prozent haben. Das basiert einfach darauf, dass wir sagen: Hier ist ein Infizierter und hier sind seine Kontakte. Und jetzt zählen wir einfach nach zwei Wochen: Wie viele von seinen Kontakten wurden infiziert und sind krank geworden."
Christian Drosten, Leiter der Virologie an der Berliner Charité

Im Vergleich dazu breitet sich ein pandemisches Influenza-Virus, also ein Grippevirus, deutlich schneller aus – rund 25 Prozent der Menschen stecken sich damit an.

Doch was, wenn sich irgendwann nicht mehr nachvollziehen lässt, bei wem sich jemand angesteckt hat? Wenn Nachverfolgungen und Quarantänemaßnahmen sich also nicht mehr aufrecht erhalten lassen?

Quarantänezeiten könnten künftig kürzer ausfallen

Auf seiner Website hat das Robert-Koch-Institut bereits angekündigt, dass sich dann auch die Strategie der Behörden ändern würde. Ein möglicher Schritt könnte sein, dass die Quarantänedauer beispielsweise von 14 Tagen auf eine Woche verkürzt wird. Denn die Krankheit bricht in den meisten Fällen schon in der ersten und nicht erst in der zweiten Woche nach der Infektion aus, sagt Virologe Christian Drosten.

"Wir werden irgendwann mal überlegen müssen, dass wir sowieso nicht alle Übertragungen verhindern können, man will eben den Kern, den Schwerpunkt der Übertragungen verhindern. Und dieser Kernbereich der Inkubationszeit, der liegt zwischen 2 Tagen und 7 Tagen."
Christian Drosten, Leiter der Virologie an der Berliner Charité

Eine andere Debatte, die es jetzt schon zur Ausbreitung des Virus gibt, bezieht sich auf das Krankenhauspersonal. Theoretisch müssten Ärztinnen, Mediziner und medizinisches Personal in Quarantäne gehen, sobald sie Kontakt mit einem Coronavirus-Patienten hatten.

Tägliche Tests für Krankenhausmitarbeiter?

Viele Mediziner waren davor, dass man den Krankenhausbetrieb dann nicht weiterführen könnte. Ein Gegenvorschlag ist, dass die Krankenhausmitarbeiter nicht nach Hause geschickt werden, um die Quarantänedauer dort abzuwarten, sondern jeden Tag einen Test machen. Denn die Tests sind so sensibel, dass sie eine Infektion schon anzeigen, bevor der Mitarbeiter ansteckend wird.

Shownotes
Gesundheitssystem
Die Ausbreitung des neuen Coronavirus managen
vom 04. März 2020
Moderatorin: 
Tina Howard
Gesprächspartnerin: 
Grit Kienzlen, Deutschlandfunk Nova