Daniel Etter ist Fotograf und arbeitet für die New York Times. Für eine Reportage flog er auf die griechische Insel Kos, um zu dokumentieren, wie Flüchtlinge mit dem Boot die Küste erreichen. Für eines seiner Bilder wurde er mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet.
Ein Foto, das um die Welt ging: Ein kräftiger Mann mit kurzen dunklen Haaren steht an einer Küste, hält zwei Kinder in seinen Armen und weint dabei. Gemacht hat dieses Bild der Fotograf Daniel Etter, der in Köln und Barcelona lebt. Im August 2015 war er für eine Reportage der New York Times auf die griechische Insel Kos gereist.
An zwei Tagen drückte der Fotograf rund 1000 Mal auf den Auslöser. Er versucht, mit möglichst unterschiedlichen Fotos einen Eindruck der Gesamtsituation festzuhalten. Viele Motive fotografiert er zwanzig, dreißig Mal, um die perfekte Momentaufnahme zu finden.In der Regel reicht er nur 15 bis 20 Fotos bei der jeweiligen Redaktion ein: Nur die stärksten Bilder, die Emotionen transportieren und seinen strengen Kriterien bei der Bildauswahl genügen.
"Ich war sehr früh an einem einsamen Strandabschnitt und habe auf die Boote gewartet. Es war dunkel. Irgendwann konnte man dieses Boot sehen, das schon viel Luft verloren hatte und völlig überfüllt war."
Daniel fotografiert den irakischen Flüchtling Laith Majid Al-Amirij, der seine Tochter und seinen Sohn in den Armen hält, kurz nach dessen Ankunft am Strand. Für Daniel ist er die markanteste Person von den knapp 15 Leuten, die sich auf dem Boot befunden haben, denn er zeigt die meisten Gefühle.
"In dem Moment, an dem die Menschen an den rettenden Strand gekommen sind, war die Erleichterung groß, auf der anderen Seite stand ihnen auch der Schock ins Gesicht geschrieben."
Während er seine Kinder an sich drückt, weint er aus Erleichterung. Ein Augenblick, der nicht nur Daniel sehr berührt. Das Foto wird millionenfach in den sozialen Medien geteilt und er bekommt viele Zuschriften von Menschen, die der Familie helfen möchten. Daniel erhält den Pulitzerpreis dafür und macht sich auf die Suche nach der Familie, die auf dem Foto zu sehen ist.
"Ich versuche die Emotionen, die ich habe, weiterzugeben in dem Bild, das ich mache."
Dass das Foto so erfolgreich ist, führt Daniel einerseits auf das Timing zurück: Die Flüchtenden sind zu diesem Zeitpunkt ein großes Thema in den Medien. Andererseits aber auch darauf, dass diese Momentaufnahme die Gefühle transportiert, die er selbst auch verspürt hat, als er auf den Auslöser drückte.
Auf der Suche nach der Familie vom Foto
An dem Tag, an dem dieses Foto des irakischen Vaters mit seinen Kindern entsteht, sieht Daniel die Familie noch einmal. Sie sind völlig durchnässt und zittern. Daniel fährt sie vom Strand in Kos in die Stadt. Dann verliert er sie aus den Augen. Viel später will er sich in Deutschland nach ihnen suchen. Ein Kollege gibt ihm den Tipp, dass sich die Familie in Berlin befindet und dort in einer Kaserne wohnt.
"Die Welle der Hilfsbereitschaft, die das Foto ausgelöst hat, war unerwartet und das ging noch lange, lange weiter."
In dem Moment als Daniel die Familie wiederfindet, sind Journalisten unter anderem von arabischen, US-amerikanischen und deutschen Medien vor Ort. Daniel beschließt nicht weiter über die Familie zu berichten, sondern Zeit mit ihnen zu verbringen, um sie privat kennenzulernen. Die Flüchtlingsdebatte in Deutschland sei entweder schwarz oder weiß gefärbt, findet Daniel. Dabei gäbe es sehr viele Zwischentöne, die wir nicht so mitbekommen. Daniel hat hautnah erlebt, wie Menschen auf der Flucht ihr Leben aufs Spiel setzen. Nach ihrer Ankunft müssen sie dann, oft unter schwersten Bedingungen monatelang, in Flüchtlingscamps auszuharren. Um etwas Hilfe beizusteuern, verkauft er Abzüge von Fotos und spendet das Geld.