Drohnen, die mit Infrarotkameras ausgestattet sind, sogenannte Bambicopter, retten Rehkitzen das Leben, weil sie sie vor dem Mähen im hohen Gras aufspüren.

Mit Drohnen sollen Rehkitze im Frühsommer bei der Heuernte vor dem Tod durch Mähwerke bewahrt werden. In ganz Deutschland kommen durch diese Mähwerke jedes Jahr rund 100.000 Rehkitze ums Leben, schätzen Experten. Auch bei Junghasen ist die Zahl ähnlich hoch.

Zu schwach, um mitzulaufen

Dass die Ricken, also die Rehmütter, ihre Kitze gezielt ins hohe Gras setzen, hat damit zu tun, dass sie sie vor Fressfeinden schützen wollen. Für Füchse sind die Kitze nicht so leicht zu entdecken, wenn sie dort versteckt sind. 

In den ersten, rund 20 Tagen ihres Lebens sind die Kitze auch noch zu schwach, um mit ihren Müttern mitlaufen zu können. Sie werden stattdessen dreimal pro Tag von den Ricken versorgt. 

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Setzzeit überscheidet sich mit Mähzeit

Unglücklicherweise überschneidet sich diese sogenannte Setzzeit der Rehe im Mai beziehungsweise Juni mit der Mähzeit. Und die endet dann oft richtig blutig. Nähert sich ein Mähwerk, duckt sich das Rehkitze instinktiv weg und bleibt reglos liegen. Diese Rehkitze werden vom Mähwerkfahrer dann meist viel zu spät entdeckt und vom Mähwerk regelrecht zerfetzt. 

Um die Rehkitze vor einem grausamen Tod zu bewahren, suchen üblicherweise Jäger mit Hunden, aber auch Tierschützer und sogar ganze Schulklassen in einigen Gebieten die Wiesen vor dem Mähen sorgfältig nach Kitzen ab. 

Das ist aber eine äußerst zeitintensive Suche. Pro Hektar wird rund eine Stunde benötigt. Sicher ist die Methode zudem auch nicht. Viele Kitze werden, dank ihrer perfekten Tarnung und ihrer völligen Regungslosigkeit, selbst aus kürzester Entfernung nicht entdeckt.

"Pro Hektar Suche wird rund eine Stunde benötigt."
Mario Ludwig, Biologe

Bambicopter: Drohnen mit Infrarotkamera

Deshalb werden seit neuesten von verschiedenen Organisationen in mehreren deutschen Bundesländern, aber auch in der Schweiz, Drohnen eingesetzt, die auf Wiesen, Feldern, und Äckern Kitze und Hasen entdecken sollen, bevor sie bei der Ernte von Mähwerken geschreddert werden. 

Die Drohen fliegen in rund 30 Meter Höhe und senden ständig Livebilder auf einen beim Drohnenführer am Boden befindlichen Laptop. Die Drohnen sind mit einer Infrarotkamera ausgestattet, die die Kitze im hohen Gras dank ihrer Wärmeausstrahlung leicht aufspüren kann. Zur Verifizierung, ob es sich tatsächlich um ein Kitz handelt, kann bei Bedarf, vom Boden aus, auf eine normale Kamera umgeschaltet werden. 

Kitze nicht mit den Händen berühren

Wurde ein Kitz aus der Luft zweifelsfrei identifiziert, hat der Drohnenführer zwei Möglichkeiten. Er kann das gefundene Kitz mit einem kleinen tragbaren Gatter einzäunen. Der Landwirt mäht dann einfach um dieses Gatter herum. Dies gewährleistet, dass die Mutter ihr Kitz nach der Mahd auch dort wiederfindet, wo sie es zurückgelassen hat. 

Ist ein Einzäunen nicht möglich, wird das Kitz aus der Gefahrenzone getragen. Dabei ist es extrem wichtig, das Kitz nur mit dicken Grasbüscheln an den Händen anzufassen. So bleibt an ihm kein menschlicher Geruch haften und die Rehmutter erkennt ihr Kitz später wieder.

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Mit Drohnen nach Kitzen suchen: hohe Erfolgsquote

Für das Absuchen eines Hektars benötigt eine Drohne bei einer Fluggeschwindigkeit von rund 60 Stundenkilometern gerade einmal zwischen 5 und 10 Minuten. Und das mit einer unglaublichen Erfolgsquote von über 95 Prozent. Der Akku der Drohne reicht für etwa zwölf Minuten Flug. Ganz billig ist das alles nicht: Eine für die Kitzsuche umgerüstete Drohne kostet samt allem Zubehör zwischen 8.000 und 12.00 Euro

Drohne bringt auch Landwirten Vorteile

Der Bambicopter bewahrt aber nicht nur viele Rehe vor dem sicheren Tod, sondern bringt auch den Landwirten Vorteile. Teile der geradezu "geschredderten" Kitze geraten nämlich oft zusammen mit dem geernteten Heu, vom Fahrer des Mähwerks unbemerkt, in die Futterballen. Und damit auch in den Futterkreislauf der Nutztiere. 

Die Kadaverreste, die sich im Heu befinden, verwesen. Das kann bei Kühen und anderen Nutztieren zur starken Vergiftungen führen, wenn sie diese versehentlich fressen. Letztendlich kann das auch zum Tod dieser Tiere führen. Somit ist der Rehkitzschutz per Drohne auch für die Landwirte nicht nur eine lästige Pflicht, sondern auch von finanziellem Interesse

Hinweis:

Im Audio zu diesem Tiergespräch bezeichnen wir die zum Einsatz kommenden Mähwerke umgangssprachlich als Mähdrescher. 

Mehr zum Thema:

Shownotes
Das Tiergespräch
Mit dem Bambicopter Rehkitze retten
vom 06. Juni 2018
Moderatorin: 
Steffi Orbach
Gesprächspartner: 
Mario Ludwig, Biologe