Zwei Fingerabdrücke für jeden Personalaufweis? Die gesetzliche Grundlage dafür wackelt. In Hamburg gibt es schon einen Ausweis ohne diese Daten und die juristische Klärung geht weiter – auf europäischer Ebene.

Das Verwaltungsgericht Hamburger hat angeordnet, dass ein neuer Personalausweis ohne Fingerabdrücke erstellt werden muss. "Dieser Perso gilt erst einmal nur für ein Jahr – und nicht für 10 Jahre, wie normalerweise", erklärt Deutschlandfunk-Netz-Reporter Andreas Noll.

Die richterliche Entscheidung ist Ende Februar 2023 in einem Eilverfahren gefallen. Gesetzlich gilt in Deutschland, dass zwei Fingerabdrücke im Personalausweis gespeichert werden müssen. Grundlage ist eine EU-Verordnung. Seit 2021 ist sie für alle rund 370 Millionen erwachsene Bürgerinnen und Bürger der EU in Kraft.

Verfahren in Wiesbaden

Die Hamburger Verwaltungsrichter*innen zweifeln grundsätzlich an der Rechtmäßigkeit der bestehenden EU-Verordnung, auf der diese Pflicht letztlich beruht.

"Die Hamburger Verwaltungsrichter haben klargemacht, dass sie erheblich an der Rechtmäßigkeit der EU-Verordnung zweifeln."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter

Zuvor hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden bereits Anfang 2022 Zweifel an der genannten EU-Verordnung angemeldet. Die Wiesbadener Richter*innen haben auf Artikel 7 und 8 der EU-Grundrechtecharta verwiesen – da geht es um die Achtung des Privatlebens und den Schutz personenbezogener Daten. Dieses Verfahren hat die Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage angestrengt.

Ein Ausweis, viel Biometrie

Aus ihrer Sicht steht der Nachweis aus, dass im Perso Fingerabdrücke im gleichen Umfang nötig wären wie im Reisepass. Aus Sicht der Klagenden geht die EU-Verordnung auch darin zu weit, dass sie nationalen Behörden gestattet, aus beliebigen Gründen auf die Fingerabdrücke zuzugreifen – zur Strafverfolgung beispielsweise. Auch werde das Gebot der Datensparsamkeit nicht beachtet, wenn zwei vollständige Fingerabdrücke gespeichert werden.

Für die Speicherung von zwei Abdrücken wird seitens der EU der Fälschungsschutz angeführt. Außerdem sei es für Behörden einfacher, zweifelsfrei eine Verbindung zwischen Personalausweis und Person herzustellen. Kritiker*innen finden hingegen das biometrische Foto auf dem Ausweis, das zusätzlich darin gespeichert ist, sollte ausreichen. Hier werde der Grundsatz der Datensparsamkeit, der im deutschen Teledienstedatenschutzgesetz verankert ist, nicht gewahrt.

"Die langen Fristen führen dazu, dass biometrische Daten bis zu einem Vierteljahr gespeichert werden. Und womöglich einem Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind."
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter
Shownotes
Datenschutz
Fingerabdruckpflicht beim Personalausweis bröckelt
vom 17. März 2023
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartner: 
Andreas Noll, Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter