Ein paar kurze Dehnübungen vor dem Sport? Das ist nicht verkehrt, sagt Sportwissenschaftler Chuck Toll. Handfeste gesundheitliche Vorteile hat eine übermäßige Beweglichkeit aber grundsätzlich nicht.

Durch Dehnübungen soll der Körper beweglicher werden. Gerade statisches und ausgiebiges Dehnen – auch bekannt als Stretching – kann die sportliche Leistungsfähigkeit verringern. Chuck Toll unterscheidet zwischen dynamischem und statischem Dehnen. Der Sportwissenschaftler ist Promotionsstudent am Institut für Bewegungstherapie der Sporthochschule Köln.

"Wenn ich sehr lange in einer Position verharre, kann ich kurzfristig, man spricht von zehn bis 15 Minuten, die maximale Leistungsfähigkeit verringern."
Chuck Toll, Promotionsstudent am Institut für Bewegungstherapie, Sporthochschule Köln

Wer schnell, kräftige Aufgaben lösen möchte, sollte sich davor eher dynamisch dehnen, empfiehlt er. Das gilt also für Sportarten wie Tennis, Badminton und Co. "Da würde ich ein dynamisches Warm-up empfehlen, wo man kurz in die Dehnung reingeht, vielleicht nur für fünf, sechs Sekunden und dann wieder raus", erklärt Chuck Toll.

"Wenn ich dynamisch, langsam rein und rausgehe in eine Bewegung, kann das dazu beitragen, dass sich die Leistung danach steigern kann."
Chuck Toll, Promotionsstudent am Institut für Bewegungstherapie, Sporthochschule Köln

Bei Sportarten wie Turnen könne statisches, also längeres Dehnen allerdings durchaus sinnvoll sein. Denn dort gehe es darum, sehr große Bewegungsreichweiten abrufen zu können, sagt Chuck Toll.

Vorsicht nach dem Leistungssport

Auch nach intensivem, beanspruchendem Training empfiehlt er eher dynamische Dehnübungen. Wer nach längerem Tennisspiel lange und statisch dehnt, könne den Muskelkater eher noch verschlimmern, erklärt Chuck Toll.

Denn die feinen Risse, die bei härterem Training in der Muskulatur entstehen, können durch statisches Dehnen noch weiter vergrößert werden.

Beweglichkeit ist kein Selbstzweck

Regelmäßiges und ausgiebiges Yoga und Stretching dienen aus seiner Sicht vor allem dazu, Stress zu regulieren und den Körper geschmeidiger zu machen. Es sei aber noch immer nicht hundertprozentig untersucht, welche Dosierung beim Dehnen wann helfe.

Unterm Strich aber, sagt Chuck Toll, habe "eine übermäßige Beweglichkeit, keine großen gesundheitlichen Vorteile."

"Ein Spagat schützt mich nicht vor einem Herzinfarkt."
Chuck Toll, Promotionsstudent am Institut für Bewegungstherapie, Sporthochschule Köln
Shownotes
Dehnen im Alltag
"Ein Spagat schützt nicht vor einem Herzinfarkt"
vom 22. Juni 2024
Moderation: 
Krissy Mockenhaupt
Gesprächspartner: 
Chuck Toll, Sportwissenschaftler und Promotionsstudent am Institut für Bewegungstherapie, Sporthochschule Köln