Die Bundesregierung will zivilgesellschaftliches Engagement und Demokratieprojekte langfristig unterstützen. Bisher gibt es Geld nur für einzelne Projekte – Initiativen müssen also bangen, ob sie weiter gefördert werden. Das Demokratiefördergesetz, das dieses Prozedere ändern soll, steckt aber im Bundestag fest. Wir haben mit einer betroffenen Initiative gesprochen.

Seit Wochen demonstrieren deutschlandweit immer wieder tausende Menschen gegen Rechtsextremismus und für den Schutz der Demokratie.

Auch der deutsche Staat will die demokratischen Strukturen bewahren – unter anderem mit dem Gesetz zur Stärkung von Maßnahmen zur Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung (Demokratiefördergesetz). Der Entwurf dazu wurde schon vor einem Jahr vorgelegt, seitdem ist wenig passiert: Die Parteien streiten noch immer darüber, unter welchen Bedingungen genau Geld fließen soll.

Demokratie fördern kostet Geld

Wie wichtig dieses Geld für die Vereine und Initiativen ist, die auf Fördermittel angewiesen sind, haben wir mit Heiko Klare vom Bundesverband Mobile Beratung besprochen. Das ist der Dachverband von rund 50 Mobilen Beratungsteams, die zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus und Verschwörungserzählungen beraten.

"Wer beispielsweise in der Kommune Probleme mit Rechtsextremismus, Antisemitismus oder anderen Ungleichwertigkeitsvorstellungen hat, kann sich bei den Teams vor Ort melden."
Heiko Klare, Bundesverband Mobile Beratung

Die Teams bieten Initiativen, Vereinen und Einzelpersonen, die sich vor Ort für Demokratie einsetzen – von der Freiwilligen Feuerwehr bis zu den Landfrauen –, eine professionelle Unterstützung und Beratung an. Das kann ganz konkret sein: wenn etwa eine Demo von Rechtsextremen vor der Tür stattfindet und man sich überlegt, was man dagegen organisieren könnte. Man wird aber längerfristig begleitet bei der Entwicklung von Leitbildern oder Strategien, erklärt Heiko Klare.

Unterstützung in der Regel nur für ein Jahr

Eine langfristige Planung dieser Angebote sei seit vielen Jahren schwierig, sagt Heiko Klare. Weil die finanziellen Mittel immer nur über einen kurzen Zeitraum zugesichert werden – meistens für ein Jahr. Dementsprechend komme es sehr stark auf das Engagement der Kolleg*innen an – und auf die Trägervereine. Diese Unsicherheit gebe es seit 20 Jahren.

"Das ist eigentlich kein Dauerzustand – es ist aber seit 20 Jahren so. Deswegen fordern wir auch das Demokratiefördergesetz – als Grundlage für eine Förderung, die längerfristig ist."
Heiko Klare, Bundesverband Mobile Beratung

Das gesamte Förderprogramm "Demokratie leben" umfasse etwa 180 Millionen Euro. Von dem Geld werden unter anderem die Kommunen unterstützt, erklärt Heiko Klare. Ein Teil davon fließe aber auch in Beratungsstrukturen wie die Mobile Beratung.

"Mit einem Gesetz auf Bundesebene könnte man sehr viel mehr Planungssicherheit reinbringen – für die Beratungsstrukturen, aber vor allem für die so wichtigen Leute, die sich vor Ort einsetzen."
Heiko Klare, Bundesverband Mobile Beratung

Die FDP fordert, dass sich jede Organisation, die Geld beantragt, gegen Extremismus jeder Art stellen und zur sozialen Marktwirtschaft bekennen muss. Sich zum Grundgesetz zu bekennen, sei überhaupt kein Problem, das habe die Mobile Beratung in den gemeinsamen Grundsätzen auch bereits festgelegt, sagt Heiko Klare.

Misstrauen gegen bestimmte Angebote

Das Problem sei das Misstrauen, das Organisationen wir der Mobilen Beratung häufig entgegengebracht werde, sagt Heiko Klare.

"Das Problem ist, dass wir seit vielen Jahren mit so einem Misstrauen zu tun haben."
Heiko Klare, Bundesverband Mobile Beratung

Dieses sei "über unterschiedliche Bundesregierungen immer wieder formuliert" worden. Zudem werde es auch durch die AfD und ihre "Strategie, alle, die gegen rechts sind, erst mal als linksextrem zu kennzeichnen" weitergedreht.

Die AfD, die unter anderem in Thüringen sehr stark im Landesparlament vertreten ist, hat bereits angekündigt, die Gelder für potenziell unliebsame Initiativen zu streichen, sollte sie an die Macht kommen. Diese Gefahr hält Heiko Klare für "sehr realistisch". Dafür brauche es auch noch nicht mal unbedingt eine Regierungsbeteiligung, befürchtet er. Denn die AfD habe bei 30 Prozent oder mehr einen Einfluss auf den Diskurs zu bestimmten Themen.

Shownotes
Zivilgesellschaft
Demokratiefördergesetz: "Viel mehr Planungssicherheit"
vom 13. Februar 2024
Moderation: 
Jenni Gärtner und Thilo Jahn
Gesprächspartner: 
Heiko Klare, Fachreferent Grundsatz und Beratung beim Bundesverband Mobile Beratung