Am 13. Juli 1870 verschickt Otto von Bismarck die sogenannte "Emser Depesche" im Auftrag des preußischen Königs Wilhelm I. Diese wird in Paris als Affront verstanden – die nationale Entrüstung ist gewaltig. Frankreich reagiert mit einer Kriegserklärung.

13. Juli 1870: Der preußische König Wilhelm I. genießt, wie jedes Jahr, die Sommerfrische in Bad Ems. Nachmittags macht er seine übliche Runde entlang der Kurpromenade, als er überraschend von Graf Vincent Benedetti angesprochen wird, dem französischen Botschafter in Deutschland.

Der Preußenkönig reagiert unwirsch. Nicht nur, weil der Botschafter den Monarchen einfach so auf offener Straße anspricht und damit alle diplomatischen Gepflogenheiten missachtet. Auch das Anliegen des Botschafters ist nicht ohne.

Regieren in Spanien und in Preußen: die Franzosen sehen sich unter Druck

Kurz zuvor bewirbt sich Leopold von Hohenzollern auf den freien Thron des spanischen Königs. Das Parlament in Madrid hatte ihn dazu aufgefordert. Der Spross der Hohenzollern ist durchaus interessiert, künftig den spanischen König zu geben. Doch damit würden die Hohenzollern sowohl in Spanien als auch in Preußen (und damit auch im 1866 gegründeten Norddeutschen Bund) regieren. Diese Vorstellung löst beim französischen König Napoleon III. Umzingelungsängste aus. Er droht Preußen mit Krieg, sollte Leopold die spanische Krone annehmen. Der zieht daraufhin seine Bewerbung zurück. Die Angelegenheit ist eigentlich erledigt.

Aber Napoleon III. will mehr: Die Hohenzollern sollen für immer der spanischen Krone entsagen. Und mit diesem Anliegen konfrontiert Graf Benedetti den preußischen König in Bad Ems und wird von Wilhelm I. brüsk zurückgewiesen.

Otto von Bismarck spitzt die Mitteilung zu

Anschließend schickt der genervte Monarch seinem Kanzler, Otto von Bismarck, ein Telegramm nach Berlin. Darin berichtet er von dem Vorfall und erlaubt Otto von Bismarck, das Schreiben zu veröffentlichen. Bismarck aber redigiert das Telegramm so, dass der französische Botschafter als Urheber eines diplomatischen Skandals dasteht.

Der redigierte Text geht als "Emser Depesche" an die Nachrichtenredaktionen und löst in Frankreich nationale Empörung aus. Napoleon III. sieht sich starkem innenpolitischen Druck ausgesetzt und erklärt Deutschland den Krieg. Der beginnt im August 1871. Einen Monat später erleben die französischen Truppen eine kriegsentscheidende Niederlage. Offiziell endet der Krieg am 28. Januar 1871: Paris kapituliert und es wird ein Waffenstillstand unterzeichnet.

Ihr hört in Eine Stunde History:

  • Der Historiker Hans-Christof Kraus von der Universität Passau hat eine Biografie über Otto von Bismarck geschrieben und charakterisiert den damaligen Reichskanzler.
  • Die Dokumentarfilmerin Linn Sackarnd nennt den deutsch-französischen Krieg in ihrem mit Hermann Pölking geschriebenen Buch einen "Bruderkrieg".
  • Der ehemalige ARD-Korrespondent Ulrich Wickert schildert die Anfänge der deutsch-französischen Beziehungen nach dem Zweiten Weltkrieg.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld berichtet über die Zeit vor der Emser Depesche und dem Deutsch-französischen Krieg.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporter Benedikt Schulz schildert die Begegnung des französischen Botschafters in Deutschland mit dem preußischen König auf der Kurpromenade in Bad Ems im Sommer 1870.
Shownotes
Krieg um die Macht in Europa
Die "Emser Depesche": Deutsch-französischer Krieg vor 150 Jahren
vom 03. Juli 2020
Moderator: 
Markus Dichmann
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeld, Deutschlandfunk Nova