Journalisten von der Wochenzeitung "Die Zeit" wollten wissen, warum die Bahn so häufig zu spät kommt. Ein Grund: Der Lokführer macht Pause.
Es ist vermutlich auch ein psychologischer Effekt, dass wir uns an die Verspätungen bei der Deutschen Bahn eher erinnern als an Züge, die pünktlich abfahren und ankommen. Gefühlt jedenfalls kommt die Bahn viel zu oft zu spät, obwohl die Bahn-eigene Statistik gar nicht so schlecht aussieht: Im September 2016 hatten 94,2 Prozent aller Züge eine Verspätung von weniger als sechs Minuten. Betrachtet man nur den Fernverkehr, sinkt die Quote allerdings: Vier von fünf Zügen sind weniger als sechs Minuten verspätet (78,7 Prozent).
Wieso kann die Bahn nicht einfach pünktlich sein?
Nadine Ahr von der Wochenzeitung "Die Zeit" hat zusammen mit Kollegen Antworten auf die Verspätungsfrage gesucht und bei Bahn-Mitarbeitern direkt nachgefragt. Vorgesetzte, Vorstand und Pressestelle wussten davon nichts, deshalb nennen die Zeit-Journalisten auch keine Namen der Mitarbeiter, die interessante Gründe für die Verspätungen wissen.
- Die Fahrpläne sind zu eng getaktet. Ein Bahn-Mitarbeiter sagt: Der Fahrplan kann dann funktionieren, wenn an einem Sonntagmorgen jeder Fahrgast eine Tür für sich hat, die Schienen trocken sind und gute Sichtbedingungen vorliegen.
- Lokführern ist nach sechs Stunden Fahrzeit eine Pause von 30 Minuten vorgeschrieben. Hat der Zug (warum auch immer) Verspätung, erreicht der Lokführer in den sechs Stunden nicht immer den Bahnhof, an dem ein Kollege auf ihn wartet, um ihn abzulösen. Die Pause muss der Lokführer aber machen, egal wo. Im schlimmsten Fall sitzt also der Lokführer samt Zug und Passagieren an irgendeinem Bahnhof seine 30 Minuten ab. Gerne gibt die Bahn dann "technische Störungen" als Begründung an, warum es nicht weitergeht.
- Was ist überhaupt eine Verspätung? Für die Bahn per Definition jedenfalls keine, die weniger als sechs Minuten beträgt. Das heißt: Kommt der Zug nicht wie vorgesehen um 16.40 Uhr, sondern um 16.45 Uhr, wertet die Deutsche Bahn das als "pünktlich".
- Infrastruktur: Im Jahr 2000 gab es in Deutschland eine Schienenstrecke von 36.000 Kilometern, heute sind es 33.000 km. Bei gleichbleibendem oder sogar zunehmendem Verkehr stehen also weniger Schienenkilometer zur Verfügung. Immerhin: Die Deutsche Bahn will bis 2020 55 Milliarden Euro in Züge, Schienen und Signalanlagen investieren.