Freitagabend, Deutschland gegen Frankreich im Fernsehen, im Stadion - alles ist perfekt. Bis zu diesem Knall. ARD-Reporter Martin Roschitz war im Stade de France dabei und erlebte eine Nacht, die er nie vergessen wird.
Freitagabend, endlich Feierabend, Freude aufs Wochenende und dann noch ein Fußballklassiker im Fernsehen: Deutschland gegen Frankreich im Stade de France. Es klang perfekt und war dann alles andere als das. Selbst im Fernsehen waren die lauten Knalls zuhören. Eine Explosion in unmittelbarer Nähe des vollbesetzten Stadions. Nichts war mehr wie es war - auch der Job eines Sportreporters nicht mehr. Martin Roschitz war als Teil des ARD-Hörfunkteams im Stadion. Er saß direkt über dem Fernsehkommentator Tom Bartels, als der erste Knall zu hören war. Als erfahrener Stadiongänger war ihm schnell klar: Das war kein Böller, den irgendein Idiot gezündet hatte. Martin befürchtete das Schlimmste.
"Mir war sofort klar: Das war kein normaler Böller - da war ein Druckwelle dahinter."
Nachrichtensperre im Stadion - damit keine Panik entsteht
Er verließ seinen Sitzplatz und begab sich in den Umlauf des Stadions. Er sah Polizisten die hektisch durcheinanderliefen und Absperrungen errichteten. Das Stadion wurde weiträumig abgesperrt. Martin war sofort klar: Hier stimmt etwas ganz und gar nicht. Das Problem für den Journalisten: Es gab sofort eine Nachrichtensperre, damit keine Massenpanik im Stadion entstehen konnte. Martin musste sich seine Nachrichten also aus Deutschland holen.
Alles in allem blieben die Stadionbesucher relativ ruhig. Das änderte allerdings kurzfristig, als das Gerücht die Runde machte, es sei eine Bombe unter dem Stadiondach versteckt, erzählt Martin. Die Folge: Die Zuschauer wurden aufs Spielfeld gelassen und drängten auf den Spielertunnel zu, in dem auch Martin stand. Im letzten Augenblick verschlossen die Sicherheitskräfte den Zugang allerdings mit einem Eisengitter.
"Das war ein Moment, wo ich wirklich überlegen musste - fliehe ich jetzt, haue ich ganz schnell ab - oder bleibe ich an diesem Ort."
Beide Mannschaften bleiben in der Kabine
Martin blieb noch einige Zeit im Stadion, direkt bei der deutschen Nationalmannschaft. Erst gegen 2:30 Uhr hat er das Stadion verlassen. Und er gibt zu: Es hat ihn einigen Mut gekostet in den Journalistenbus zu steigen, der ihn ins Hotel fuhr. Die Mannschaft harrte zu diesem Zeitpunkt immer noch im Stade de France aus. Zwischenzeitlich hatte der Deutsche Fußball Bund (DFB) überlegt die Sportler unauffällig in Kleinbussen ins Hotel zu fahren. Das Problem: In genau diesem Hotel hatte es vor dem Spiel schon eine Bombendrohung gegeben. Gemeinsam mit den französischen Sicherheitsbehörden hat der Sicherheitsexperte des DFB schließlich entschieden: Die Nationalmannschaft muss ihr Nachtlager in der Kabine aufschlagen - zusammen mit der französischen Nationalmannschaft.
"In den Katakomben des State de France haben Verbrüderungsszenen zwischen der deutschen und der französischen Nationalmannschaft stattgefunden."
Mittlerweile ist das deutsche Team wieder in Frankfurt gelandet - zur Tagesordnung kann niemand übergehen, sagt Martin. Das Problem: Am Dienstag steht in Hannover das nächste Länderspiel an - gegen die Niederlande. Die Spieler wurden erst mal nach Hause zu ihren Familien geschickt. Ob das Spiel wirklich angepfiffen wird, muss spätestens am Sonntag entschieden werden. Es gibt aber eine klare Tendenz zu spielen. Das sieht auch DFB-Interimspräsident Reinhard Rauball so.
"Ich persönlich bin der Auffassung, dass man der Gewalt nicht weichen soll und ihr nicht den Triumph lassen soll."