In Deutschland herrscht akuter Mangel an Hebammen. Schwangere, die keine finden, können sich per App von Hebammen im Videochat beraten lassen.
Frauen, die sich ein Kind wünschen, sind in der Regel überglücklich, wenn sie feststellen, dass sie schwanger sind. Auf die erste große Freude folgt meist auch eine große Verunsicherung, vor allem, wenn es die erste Schwangerschaft ist.
Vor einer Geburt gilt es vieles vorzubereiten und zu planen. Dann ist es gut, jemanden an seiner Seite zu wissen, der erfahren ist und genau weiß, was vor, während und nach einer Geburt alles zu tun ist.
Rund 26.000 Hebammen auf rund 750.000 Geburten
Der akute Hebammenmangel in Deutschland erschwert die Suche immens: Laut dem Hebammenverband muss eine Schwangere durchschnittlich 20 bis 30 Hebammen anfragen, um fündig zu werden. Manchmal gelingt das auch nicht. Bei rund 26.000 Hebammen (2019), die für circa 750.000 Geburten pro Jahr in Deutschland zur Verfügung stehen, überrascht das nicht.
"Im Laufe der Zeit hab ich sehr erstaunt festgestellt, wie viel doch online möglich ist. Die Frauen erlebe ich als sehr dankbar und sehr erleichtert, wenigstens online eine Hebamme zu finden."
Bereits vor vier Jahren hat die Start-up-Gründerin Victoria Engelhardt durch eine schwangere Freundin erlebt, wie schwer es ist, eine Hebamme zu finden. Daraufhin gründete sie die Online-Plattform Keleya, eine Art individualisierter Online-Gesundheitscoach für Schwangere mit Yoga-Kursen und Expertentipps.
Digitale Beratung: Wenn die Suche nach einer Hebamme erfolglos bleibt
Das Problem für Schwangere, eine Hebamme zu finden, blieb weiterhin bestehen. Daher entschied sich Victoria Engelhardt im vergangenen Jahr eine digitale Vermittlungs-Plattform für Hebammen an den Start zu bringen.
Dieses Angebot hat sie in Zusammenarbeit mit dem Hebammenverband entwickelt. Hier können Frauen Hebammen in ihrer Nähe finden. Die Suche kann nach dem Wohnort, der Muttersprache oder individuellen Beschwerden sortiert werden.
"Da hab ich zum ersten Mal live mitbekommen, wie es ist, wenn man keine Hebamme findet, wenn man ständig ganz viele Fragen hat und damit alleine gelassen ist."
Seit November vermittelt die Plattform Ammely nicht nur, sondern Hebammen stellen hier auch Sprechstunden ein und beraten Schwangere per Video-Chat. Mittlerweile sind über 40 Hebammen dabei.
Christina Dannat ist seit 30 Jahren Hebamme – inzwischen ist sie auch digital im Einsatz. Seit Anfang November 2021 berät sie Schwangere per Videochat.
"Wenn es um Hebammensuche geht, willst du wirklich das Gefühl haben, das ist jetzt nicht irgendjemand, sondern, du willst das Gütesiegel vom Hebammenverband und genau diese Qualität haben."
Für die Hebamme Christina Dannat hat die digitale Beratung eine große Umstellung bedeutet. Anfangs war sie noch skeptisch, hat dann aber schnell festgestellt, dass vieles sich auch online besprechen und klären lässt. Rund ein Drittel der Schwangerschaftsberatung lasse sich digital damit abdecken, sagt die Gründerin Viktoria Engelhardt.
Die Kosten übernehmen die Krankenkassen
Eine gezielte Suche und das mobile Angebot erleichtern den schnellen Zugriff: Über die Vermittlungs-Plattform geben die Nutzerinnen online an, ob sie schwanger sind oder bereits entbunden haben. Mithilfe der Versichertenkarte ist es den Hebammen dann möglich, ihre Beratung direkt bei den Krankenkassen abzurechnen.