Manche feiern das Netz als Technologie der Befreiung. Aber stimmt das auch? Eine Studie zeigt, dass ethnische Gruppen, die politisch ausgeschlossen werden, auch im Netz diskriminiert werden - und das hat keine ökonomischen oder geographischen Gründe.
Nils B. Weidmann von der Uni Konstanz hat an der Studie mitgearbeitet, die in der Wissenschaftszeitung Science veröffentlicht wurde. Weidmann ist Informatiker und Konfliktforscher. Ihn interessiert, welche politischen Auswirkungen Kommunikations- und IT-Technologie haben.
Zunächst hatte er lediglich eine Vermutung. Eben, dass bestimmte ethnische Gruppen, die politische diskriminiert werden, auch digital diskriminiert werden und seltener Zugang zum Netz haben als jene Gruppen, die politisch an der Macht sind.
Erstmal hieß es: Daten beschaffen
Für die Studie brauchten er und sein Team Daten, die ihnen ein großer Schweizer Internetprovider zur Verfügung stellt. Sie bekamen eine Liste von sämtlichen IP-Adressen, die in dessen Verbindungsprotokollen aufgetaucht waren - und zwar für die Jahre 2004 bis 2012 für einen Zeitraum von jeweils 16 Tagen.
Anhand der Daten konnten die Wissenschaftler erkennen, welche IP-Adressen oder Adressbereiche, sogenannte Subnetze, überhaupt aktiv genutzt werden. Da sich IP-Adressen einigermaßen geografisch zuordnen lassen, konnte das Team die Daten im nächsten Schritt mit den bekannten Siedlungsgebieten ethnischer Gruppen abgleichen.
Dann hieß es: Andere Faktoren ausschließen
Ob ethnische Gruppen Zugang zum Netz haben, hängt natürlich auch davon ab, in welchen Regionen sie leben. Im Regenwald zum Beispiel ist die Abdeckung vermutlich gering. Außerdem müssen sich die Gruppen das Internet finanziell leisten können.
Diese Faktoren jedoch rechneten die Forscher anhand statistischer Methoden heraus. Trotzdem kam heraus, dass die benachteiligten Gruppen rund 60 Prozent weniger Netzabdeckung hatten als im Vergleich zu Gruppen an der Macht.
Ergebnis: Es gibt eine bewusste Diskriminierung
Die Erklärung dafür ist, dass die Regierungen absichtlich bestimmten ethnischen Gruppen den Netzzugang erschweren oder auch verwehren. Wie das im Einzelfall genau passiert, konnte das Team nicht nachweisen.
Klar ist allerdings auch, dass allein eine bessere Netzabdeckung nicht automatisch mehr Frieden und Demokratie bringt. Generell jedoch befürwortet das Team um Weidmann eine Art digitale Entwicklungshilfe.