Anstiftung zum Aufruhr. So lautet der Vorwurf, den die US-Demokraten nach dem Sturm auf das Kapitol dem abgewählten Präsidenten Donald Trump machen. Am Montag (11. Januar) wollen sie deshalb ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn auf den Weg bringen. Es ist bereits der zweite Anlauf in dessen Amtszeit.

Am 20. Januar, also schon in neun Tagen, muss Donald Trump sein Amt an seinen Nachfolger Joe Biden abgeben. Trotzdem könnte er theoretisch noch entmachtet werden, bevor das geschieht. Nancy Pelosi, die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, hatte nach den Vorfällen vom 6. Januar bereits gefordert, Trump müsse dafür strafrechtlich belangt werden.

Offizielle Handlungsaufforderung an Vizepräsident Pence

Heute wollen die US-Demokraten im Kongress die notwendigen Schritte zur Amtsenthebung einleiten: Per Resolution soll zunächst Mike Pence aufgefordert werden, Schritte zum Impeachment Trumps einzuleiten, schrieb Pelosi in einer Mitteilung an ihre demokratischen Kolleginnen und Kollegen. Wenn der Vizepräsident innerhalb von 24 Stunden nicht reagiert, werde das Repräsentantenhaus selbst ein parlamentarisches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einleiten, so die Vorsitzende weiter.

"Donald Trump ist eine unmittelbare Bedrohung für unsere Verfassung und unsere Demokratie."
Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses

Donald Trump stelle eine "unmittelbare Bedrohung für die Verfassung und die Demokratie" dar, schrieb Nanci Pelosi. "Je mehr Tage vergehen, desto größer wird der Schrecken des anhaltenden Angriffs auf unsere Demokratie durch diesen Präsidenten, und desto dringender ist der Handlungsbedarf."

Dass Anklage erhoben wird, ist äußerlich wahrscheinlich, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Jäger – falls eben bis übermorgen kein anderer Weg gefunden wird, Donald Trump loszuwerden. Damit wäre Trump der erste US-Präsident der Geschichte, der sich zweimal mit einem Amtsenthebungsverfahren konfrontiert sieht.

Auch diesmal unwahrscheinlich, dass es reicht

Mittlerweile fordern zwar auch führende Republikaner, dass der US-Präsident zurücktritt. Ob es für ein Impeachment reichen würde, ist aber sehr unklar. Denn für eine Amtsenthebung muss neben dem Repräsentantenhaus auch der Senat stimmen: mit einer Zweidrittelmehrheit von 67 Stimmen. Eine solche ist zwar nach dem Kapitol-Sturm in der Theorie wahrscheinlicher als beim ersten Impeachment-Versuch, der bekanntlich fehlschlug – aber trotzdem nicht absehbar.

Am Ende müssten im US-Senat 17 Republikaner zusammen mit den Demokraten stimmen, rechnet Thomas Jäger vor. Beim ersten Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump hatte ihn die republikanische Senatsmehrheit im Februar 2020 in beiden Anklagepunkten ("Amtsmissbrauch" und "Behinderung des Kongresses") freigesprochen. Lediglich der republikanische Senator Mitt Romney hatte in einem Anklagepunkt wie die Demokraten abgestimmt.

Trump dürfte 2024 nicht wieder antreten

Doch auch, wenn die Erfolgschancen eines Impeachments erneut nicht sonderlich gut sind: Nach dem Sturm auf das Kapitol stehe die demokratische Führung einfach unter einem enormen Druck, den US-Präsidenten erneut anzuklagen, sagt Thomas Jäger.

"Nach einem erfolgreichen Impeachment dürfte Trump nie mehr als US-Präsident kandidieren. Die Demokraten denken vielleicht: Das könnte den einen oder anderen Republikaner reizen, wenn Trump wirklich weg ist."
Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Universität Köln

Außerdem würden die Demokraten auf ein anderes Argument setzen, um Republikaner auf ihre Seite zu ziehen: Ein Impeachment würde dafür sorgen, dass Donald Trump nie mehr erneut für das Präsidentenamt kandidieren dürfte. Und das würde bedeuten, dass die Republikanische Partei in den nächsten Jahren eben nicht von Trump dominiert wird, sondern dass es jemand anderen geben müsste, der diese Rolle ausfüllt.

Ein möglicher Name für diese Rolle könnte Mike Pence lauten, der in vier Jahren als "der vernünftige Trump" zur US-Wahl antreten könnte.

Shownotes
Nach dem Angriff aufs Kapitol
Donald Trump: Impeachment, der zweite Versuch
vom 11. Januar 2021
Moderation: 
Till Haase
Gesprächspartner: 
Thomas Jäger, Politikwissenschaftler an der Universität Köln