Wer mit einem Paintball-Gewehr Sexualhormone in Bäume schießt, kann nicht ganz sauber sein. Ole Theisinger hat gute Gründe dafür. Hier erklärt er sein Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen.

Alle Eichen-Prozessionsspinner sind verpuppt. Ende Juli beginnt die Paarungszeit und Ole Theisinger ist in Nordrhein-Westfalen unterwegs, um die Tiere zu verwirren. Gemeinsam mit einem Kollegen schießt er mit einem Paintball-Gewehr einen synthetischen Sexuallockstoff in befallene Bäume. Die Tiere halten sich vor der Verpuppung in Gespinstnestern auf.

"Ob die Methode wirklich funktioniert, können wir erst im nächsten Jahr sagen, wenn sich die neuen Nester gebildet haben."
Ole Theisinger, Projektleiter, Landesbetrieb Wald und Holz NRW

Der Stoff verteilt sich von den geplatzten Geschossen aus in den Bäumen und verwirrt dann – wenn alles plangemäß abläuft – die frisch geschlüpften männlichen Falter. Und zwar so, dass eine Paarung der Tiere unwahrscheinlicher und die nächste Generation kleiner wird.

Versuchsprojekt in NRW

Mit einer Pilotstudie wollen Ole Theisinger und sein Team herausfinden, wie effektiv dieses Verfahren ist. Sie arbeiten auf sechs Versuchsflächen in Nordrhein-Westfalen.

"Wir schießen so viel von diesen Sexuallockstoffen in die Bäume, dass die Männchen die Weibchen einfach nicht mehr finden können."
Ole Theisinger, Projektleiter, Landesbetrieb Wald und Holz NRW

Bevor der Prozessionsspinner schlüpft, ist er der Falter eine Raupe – eine sehr gefräßige. Sie ist das eigentliche Problem. Da die Tiere massenhaft auftreten, können sie ganze Baumgruppen kahl fressen. Das Tier gilt deswegen als Schädling. Außerdem können die Haare der Raupe Raupendermatitis verursachen. Das ist eine allergische Reaktion, die bis zu einem anaphylaktischen Schock reichen kann. Insbesondere der Eichen-Prozessionsspinner kann diese Reaktionen hervorrufen.

Erst locken, dann vergleichen

Um bereits während des Pilotprojektes festzustellen, ob die Bekämpfung der Raupe mittels dieses Verfahrens wirklich funktioniert, wird Ole Theisinger männliche Falter systematisch mit einem anderen Lockstoff in Fallen locken und zählen.

Diese Zählung wird er sowohl in Gebieten durchführen, in denen zuvor Baumkronen mit dem synthetischen Hormon beschossen worden sind, als auch in Vergleichsgebieten ohne diesen Beschuss.

"Wenn wir nur wenige Männchen fangen, wissen wir, dass diese Männchen wahrscheinlich diesen Lockstoff nicht mehr wahrnehmen, weil sie verwirrt sind."
Ole Theisinger, Projektleiter, Landesbetrieb Wald und Holz NRW
Shownotes
Eichen-Prozessionsspinner
Hauptsache verwirrte Männchen
vom 13. Juli 2023
Moderation: 
Sonja Meschkat
Gesprächspartner: 
Ole Theisinger, Projektleiter, Landesbetrieb Wald und Holz NRW