Ein Staat, der Geheimnisse hat, passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert. Zwischen 1400 und 1800 aber hatten Geheimnisse und Geheimnisvolles Konjunktur - davon erzählt uns der Historiker Daniel Jütte im Hörsaal.
Das Geheimnis ist aus der Mode gekommen. Wir wollen alles wissen. Wenn Edward Snowden über die geheimen Machenschaften der NSA berichtet, spitzen wir die Ohren. Und wenn neue Erkenntnisse über Fipronil im Eierskandal ans Licht kommen, schreien wir auf.
Der Historiker Daniel Jütte von der New York University hat sich auf die Frühe Neuzeit spezialisiert. Die Zeit zwischen 1400 und 1800 war die hohe Zeit der Geheimnisse. Anders als heute galt damals:
"Mit offenen Karten spielen ist weder nützlich noch angenehm. Bei allem lasse man etwas Geheimnisvolles durchblicken und errege durch seine Verschlossenheit selbst Ehrfurcht."
Die Menschen der Frühen Neuzeit glaubten in einer Welt zu leben, die dank Gottes geheimnisvoll gestaltet war. Sie waren fasziniert von allem Unbekannten: von der Alchemie etwa und auch von unbekannten Naturphänomenen wie dem Magnetismus.
Gerade im Selbstverständnis der Herrschenden war tief verankert, unbedingt Geheimnisse wahren zu müssen. So ließ sich leichter regieren - und das Volk spielte mit.
"In dem Maße, in dem die Theologie das Geheimnis mit einer Aura des Hohen und Göttlichen umgab, wurde Geheimhaltung auch zu einem erstrebenswerten Ziel für den von Gottes Gnaden regierenden Herrscher."
Jütte berichtet in seinem Vortrag von Wissenschaftlern, die als anerkannte "Geheimnisprofessoren" lehrten und forschten. Er hat innerhalb der Mosse-Lectures an der Humboldt-Universität Berlin unter dem Titel "Das Geheimnis als Chance" referiert.
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