Emilia Roig ist Aktivistin und Politikwissenschaftlerin. Sie beschäftigt sich mit Rassismus und anderen Formen von Diskriminierungen – und engagiert sich für Menschen, die davon betroffen sind.
Emilia Roig, aufgewachsen in der Nähe von Paris, kommt aus einer diversen Familie: Ihr weißer Vater wurde in Algerien geboren, in eine Familie jüdisch-französischer Kolonialherren. Ihre schwarze Mutter stammt von der französischen Karibik-Insel Martinique. Ihr Großvater war sehr nett und liebevoll, erzählt Emilia – aber auch ein bekennender Rassist und Mitglied im französischen Front National.
"Wenn wir als anders markiert werden, sind wir uns unserer Differenzen viel mehr bewusst."
Emilia erzählt ein Beispiel aus ihrer Familie: Ihr Vater, der aus Algerien stammt, hat eine Weile in der Elfenbeinküste gelebt. Sein Status sei dort automatisch höher gewesen, weil er in dem Land als Weißer wahrgenommen wurde. "Er hat dort aufgrund seiner Hautfarbe einen höheren sozialen Status genossen", sagt Emilia Roig.
"Es gibt auch andere Normen, zum Beispiel Heterosexualität oder Nicht-Behinderung oder bestimmte Körperformen – und das hat einen Effekt auf unser kollektives Unterbewusstsein."
Ein anderes Beispiel: Als Kind hat Emilia viel Zeit auf der Insel Martinique verbracht. Die Insel ist französisches Überseegebiet und gehört – seit der Kolonialzeit – zu Frankreich. Auf Martinique gelten viele aus Frankreich importierte Standards, obwohl 80 Prozent der Bevölkerung Wurzeln in Afrika haben und nur fünf Prozent der dort lebenden Menschen aus Europa stammt. Dennoch, so erinnert sich Emilia Roig, waren fast alle Menschen, die dort in der Werbung auftauchten, weiß.
Differenzen zwischen Menschen werden bewertet
Heute engagiert sich Emilia Roig gegen die Unterdrückung und Ausgrenzung von Minderheiten. Emilia Roig hat das Center for Intersectional Justice gegründet. Eine Non-Profit-Organisation, die sich gegen Diskriminierung und für mehr Gleichberechtigung in Europa einsetzt.
Sie sagt, wir müssen das Problem Diskriminierung nicht nur auf einige vermeintlich "böse" Menschen abwälzen, sondern wir müssen es viel tiefgreifender angehen. Wir sollten zum Beispiel die Wertung hinterfragen, die oft mit den Differenzen zwischen Menschen einhergehen.
"Es gibt ein Unbehagen mit Differenzen, wenn sie in diese Hierarchie eingebettet sind."
Emilia hat einen Sohn. Sie erinnert sich an eine kleine Begebenheit, als er etwa drei Jahre alt war. Sie waren zusammen in der Post, und der Dreijährige sagte auf Französisch: "Schau mal Mama, die Frau ist dick." Emilia Roig hat geantwortet: "Ja, die Frau ist dick."
Hätte sie gesagt "Oh nein, so etwas sagt man aber nicht", hätte sie dick als etwas Negatives gewertet.
Meist sei das einfache Benennen eines Zustands nicht möglich, da etwa bei der Hautfarbe oder eben auch beim Körperumfang immer die Referenz zu einem vermeintlichen "normal" gezogen werde. Und alles, was dem nicht entspreche, werde als minderwertig klassifiziert. An diesem Punkt liege ein großes Problem, sagt Emilia Roig: "Alles, was als unterlegen konstruiert wird, nennen wir nicht gern."
Wenn ihr mehr über Emilia Roig erfahren möchtet und darüber, was sie für Lösungsvorschläge hat, dann hört euch das gesamte Audio an.