Um die bis 2030 festgesetzten Klimaschutzziele zu erreichen, könnte die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid in Deutschland erlaubt werden. Wirtschaftsminister Habeck hat erklärt, warum das Vorhaben, das bei den Grünen umstritten ist, dennoch umgesetzt werden könnte.

Bis 2030 soll Deutschland die Klimaschutzziele erreichen – und bis 2045 vollständig treibhausgasneutral werden. Diesen Plan hat die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP im vergangenen Oktober vorgestellt. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, war zunächst gegen das Carbon Capture and Storage (CCS), die unterirdische Speicherung von CO2.

Doch er hat seine Meinung geändert: "Ohne CCS können wir unmöglich die Klimaziele erreichen", sagt er. Seine jetzt vorgestellte Carbon-Management-Strategie sieht vor, Kohlenstoffdioxid-Emissionen künftig unter der Erde bzw. dem Meeresboden zu lagern.

CO2-Endlager vor Norwegen

Vor Norwegen passiert das bereits: Dort wird CO2 unter dem Meeresboden in Gesteinsschichten gepresst. Die Lagerung unter dem Meer hat den Vorteil, dass sich Anwohner*innen nicht beschweren können. In Deutschland war der Protest von Bürger*innen, ein Grund, warum die CO2-Lagerung unter der Erde verboten wurde. "Niemand will ein CO2-Endlager im Garten", erklärt Dlf-Hauptstadtkorrespondentin Ann-Kathrin Büüsker.

"Das [die unterirdische Speicherung] ist in Deutschland bisher nur zu Forschungszwecken erlaubt."
Ann-Kathrin Büüsker, Dlf-Hauptstadtkorrespondentin

In Deutschland gibt es an Land Gesteinsschichten, in die sich CO2 pressen lassen könnte. Denkbar wären zum Beispiel ehemalige Gasvorkommen. Diese werden aktuell als Erdgasspeicher verwendet. Umweltverbände fürchten allerdings, dass das CO2 von dort entweichen könnte. Sie fordern daher eine Überprüfung dieser Gesteinsschichten – bevor so ein Vorhaben in Deutschland umgesetzt werden könnte.

Transport von deutschem CO2 nach Skandinavien?

Dlf-Hauptstadtkorrespondentin Ann-Kathrin Büüsker hält es für wenig wahrscheinlich, dass in Deutschland an Land die Speicherung von CO2 in Gesteinsschichten umgesetzt wird. Vielmehr geht sie davon aus, dass wir das CO2 nach Norwegen transportieren. Hier stellt sich allerdings die Frage, wie das in der Praxis umgesetzt werden könnte. Für den Transport müssten zum Beispiel Pipelines von Deutschland nach Norwegen verlegt werden. Oder: LKWs könnten das CO2 transportieren. Allerdings würden dadurch natürlich weitere Emissionen freigesetzt.

Die Technik der unterirdischen CO2-Speicherung gilt nach wie vor als umstritten – besonders unter Grünen-Politiker*innen. Doch nicht wenige von ihnen ändern offenbar gerade ihr Meinung zu dem Thema. Der Grund: In Sachen Klimaschutz drängt die Zeit. Die Emissionswerte müssen dringend sinken – auch in schwierigen Industriebereichen wie der Zementherstellung, bei der sogenannte "unvermeidbare Emissionen" anfallen.

"Die Zementherstellung ist ein Beispiel, das gern angeführt wird. Dort lassen sich Emissionen bestenfalls verringern – bei gleichzeitig hohen Kosten."
Ann-Kathrin Büüsker, Dlf-Hauptstadtkorrespondentin

Das Problem: CCS ist sehr teuer. Außerdem muss die Energie, die für das Verfahren benötigt wird, erst erzeugt werden. Und wenn das auf fossile Weise geschieht, werden noch mehr Emissionen freigesetzt als gespart werden.

"Keine Wundertechnologie"

Der Streit um die CCS-Technologie sei hinter den Kulissen bereits im Gange, sagt Ann-Kathrin Büüsker. Er schwelt vor allem darum, in welchen Industriebereichen das Verfahren angewendet werden könnte – also welche als "unvermeidbare Emissionen" gelten. Und wie und ob das von Fall zu Fall politisch geklärt werden müsste oder ob das am Ende der Markt regelt.

"Wir dürfen uns nichts vormachen. CCS ist keine Wundertechnologie – sonst würden es schon längst ganz viele machen, um das Klima zu retten. CCS sind aufwendige, energieintensive Prozesse."
Ann-Kathrin Büüsker, Dlf-Hauptstadtkorrespondentin

Die Bundesregierung hat Bestrebungen formuliert, die Abscheidung und Speicherung von CO2 auch für Gaskraftwerke möglich zu machen, steht in der Einigung zur Kraftwerksstrategie von Anfang Februar 2024. Ann-Kathrin Büüsker: "Wenn Strom aus Gas erzeugt wird, soll das CO2 abgeschieden werden. Das ist energieintensiv. Dafür müsste noch mehr Strom aus Gas erzeugt werden, wofür noch mehr CO2 abgeschieden werden müsste – dafür würde noch mehr Strom aus Gas erzeugt werden."

Shownotes
Carbon-Management-Strategie
Energiewende durch unterirdische CO2-Speicherung?
vom 26. Februar 2024
Moderation: 
Thilo Jahn, Jenni Gärtner
Gesprächspartnerin: 
Ann-Kathrin Büüsker, Dlf-Hauptstadtkorrespondentin