Viele Deutsche überschätzen ihre Englischkenntnisse. Sie glauben, dass ihre Aussprache gut ist – auch wenn es noch Luft nach oben gibt. Wer sich wirklich auf professionellem Niveau ausdrücken will oder muss – zum Beispiel, um als Schauspielerin oder Schauspieler in Hollywood zu arbeiten – dem können sogenannte Accent Reduction Classes helfen.

Unsere Korrespondentin Katharina Wilhelm hat eine Accent Reduction Class in Los Angeles besucht. Am Anfang fühlt sie sich wie in der Redakteursausbildung bei der Sprecherziehung. Auf einem Blatt Papier stehen schwierige Sätze, die sie laut auf Englisch vorlesen soll. Sprachtrainerin Gaby Santinelli hört aufmerksam zu. Alles okay bei Katharina – aber das Wort "fairly" sei nicht so sauber gewesen.

Gaby Santinelli ist ausgebildete Opernsängerin und Schauspielerin – und sie gibt Privatunterricht für alle, die perfektes amerikanisches Englisch sprechen wollen. In Los Angeles sind das meistens Schauspielerinnen und Schauspieler, die aus allen Ecken der Welt kommen – vor allem aus Großbritannien.

"Wer mit amerikanischem Akzent sprechen kann, hat beruflich viel mehr Chancen. Leider geben viele Schauspieler viel Geld für Flüge, Visa und Fotos aus – vergessen aber, ihren Akzent wegzutrainieren."
Sprachtrainerin Gaby Santinelli

Wer es in Hollywood schaffen will, der muss beim Casting zeigen, dass er oder sie amerikanisches Englisch sprechen- und am besten noch diverse Dialekte imitieren kann; New Yorker Slang genauso wie die breite texanische Aussprache. Katharina merkt beim Sprachtraining schnell: Wer das schaffen will, muss nicht nur gut zuhören und imitieren können, sondern über das Sprechen noch mal neu nachdenken.

Herausforderung: die Platzierung des Tons im Mund

Da ist zum einen die Aussprache, dann die Sprachmelodie und dann noch ein dritter Punkt, den Sprechtrainerin Gaby Santinelli für den schwierigsten hält: die Platzierung des Tons im Mund. Katharina spricht sehr weit vorne im Mund, nah an den Lippen, so klingt der britische Standardakzent. Im Amerikanischen bewegt sich alles weiter hinten am Gaumen, und diese Bewegung hinzubekommen, fühlt sich für die meisten ein bisschen merkwürdig an.

Katharina kommt bei den Übungen ganz schön ins Schwitzen. Bisher hatte sie das Gefühl, ihr Englisch sei ganz okay. Jetzt hört und merkt sie, dass da noch Luft nach oben ist. Gaby lässt Katharina weitere Sätze einsprechen, immer mit dem Fokus auf einem bestimmten Laut. Und irgendwann kommt ein Ton, der für Deutsche besonders schwierig ist: das TH. Um das zu meistern, empfiehlt Gaby, es richtig im Hals summen zu lassen.

"Ich nenne es den Hamburger. Die Zähne sind die Brötchen und das Fleisch dazwischen ist die Zunge. Es gibt das hörbare TH, dass richtig im Hals summen muss- und das klanglose."
Sprachtrainerin Gaby Santinelli

Tipp: Beim Serienschauen das Gesprochene Imitieren

Nach einer halben Stunde Sprachtraining hat Katharina gefühlt einen Knoten in der Zunge. Der Unterricht erinnert sie ein bisschen an Sport im Mund. Neben allem Üben empfiehlt Gaby noch, uns einen Klischee-Amerikaner vorzustellen, während wir üben. Außerdem rät sie, beim Serienschauen die Untertitel auf Englisch anzustellen und Sätze, die wir dort hören, zu wiederholen. Imitation sei wichtig, dann könnten wir das Gehirn langsam umprogrammieren.

"Das Amerikanische explodiert richtig im Mund – große Augen, Apfelkuchen – alles ist weit!"
Sprachtrainerin Gaby Santinelli
Shownotes
Amerikanisch wie ein Muttersprachler
Den Fluch des "TII-EITSCH" besiegen
vom 21. Februar 2020
Moderation: 
Steffi Orbach
Gesprächspartnerin: 
Katharina Wilhelm, Korrespondentin in Los Angeles