Aus Angst treffen wir manchmal keine Entscheidung oder schieben sie auf. Dabei vergessen wir, dass die meisten Entscheidungen nicht endgültig sind und wir sie einfach erneut treffen können. Bestimmte Methoden können bei der Auswahl helfen.

Wir treffen jeden Tag unzählige Entscheidungen: Kochen oder bestellen? Sport machen oder auf der Couch bleiben? Den Job wechseln oder die Stelle behalten?

Entscheidungen treffen gehört zu unserem Leben. Oft können wir dabei auf unsere Erfahrung zurückgreifen. Was wir im Supermarkt einkaufen zum Beispiel oder welchen Weg wir zur nächsten Verabredung nehmen – darüber müssen wir oft nicht lange nachdenken. Wir setzen auf unsere Intuition.

"Viele Menschen haben Probleme damit, Entscheidungen zu treffen."
Philip Meissner, Wirtschaftswissenschaftler, forscht zu strategischem Management und Entscheidungsfindung

Bei anderen Fragen kommt aber manchmal eine Angst in uns auf. Gerade bei größeren Veränderungen wie etwa einem Jobwechsel oder einem Umzug in eine andere Stadt. Wir möchten keine Fehlentscheidung treffen und schieben es deswegen auf, irgendeine Wahl zu treffen. Entscheiden kann allerdings auch leicht sein, sagt Wirtschaftswissenschaftler Philip Meissner. Er leitet den Lehrstuhl für strategisches Management und Entscheidungsfindung an der ESCP Wirtschaftshochschule in Berlin.

Was wir nämlich oft vergessen: Wir können uns noch mal entscheiden. Wenn wir mit dem Ergebnis unzufrieden sind, gewinnen wir eine Erkenntnis und können unsere vorherige Entscheidung dann korrigieren. Das ist sogar bei den meisten Entscheidungen möglich, so der Forscher. Es gibt nur eine kleine Anzahl an Entscheidungen, die dauerhaft sind.

Warum Entscheidungen schwer sein können

Dafür kann es helfen, zu verstehen, warum es uns schwerfallen kann, eine Wahl zu treffen. Philip Meissner hält hierfür folgende Faktoren für wesentlich:

  • Entscheidungsverzerrungen: Dazu zählen zum Beispiel die Selbstüberschätzung oder Situationen, in denen wir voreingenommen sind und neue Informationen bewerten. Wir nehmen sie dadurch anders wahr. Diese Entscheidungsverzerrungen beeinflussen uns unbewusst.
  • Emotionen: Leitet uns ein starkes Gefühl – etwa Euphorie oder Angst–, ist es ratsam, die Situation erst mal auf sich wirken zu lassen, zur Ruhe zu kommen und mit der Entscheidung zu warten.

Guter Entscheidungsprozess und Vertrauen

Zudem können wir unsere Perspektive untersuchen, wann wir eine Entscheidung als gut oder zufriedenstellend bewerten. "Viele Menschen denken, Entscheidungen sind dann gut, wenn sie ein gutes Ergebnis haben. Aus meiner Sicht sind Entscheidungen dann gut, wenn sie einem guten Prozess folgen", erklärt er.

Haben wir uns zum Beispiel vor zwei Jahren für einen Jobwechsel entschieden und sind heute unzufrieden mit der Arbeitssituation, bewerten viele die Entscheidung vor zwei Jahren auch als schlecht. Allerdings konnten wir damals nicht absehen, was alles in den zwei Jahren passiert.

"Wenn ich quasi diese Bürde auf mich nehme, dass ich alle möglichen Szenarien in der Zukunft zum Zeitpunkt der Entscheidung perfekt voraussehen und analysieren kann, werde ich nie eine Entscheidung treffen."
Philip Meissner, Wirtschaftswissenschaftler, forscht zu strategischem Management und Entscheidungsfindung

Der Entscheidungsprozess

Deshalb legt der Forscher den Fokus auf den Entscheidungsprozess. Der besteht aus diesen drei Schritten:

  1. Herausarbeiten, welches Problem man mit der Entscheidung lösen möchte: Hier kann es helfen, sich drei Mal zu fragen "warum?". Es geht darum, der tatsächlichen Ursachen auf den Grund zu gehen und die von den Symptomen zu trennen. In unserem Beispiel ist die Unzufriedenheit im Job quasi das Symptom. Warum also bin ich unzufrieden? Was ist die Ursache?
  2. Unterschiedliche Perspektiven miteinbeziehen: Hier können wir Expert*innen fragen, die mit dem Themenfeld vertraut sind, in dem unser Problem liegt. Sie können uns verschiedene Wege aufzeigen, die wir bisher nicht kannten oder die sogar entgegengesetzt sind zu dem, was wir gewohnt sind. Das können zum Beispiel Menschen sein, die selbst schon mal vor dem Problem standen und es gelöst haben wie Kolleg*innen.
  3. Eine Entscheidung treffen, statt sie ewig aufzuschieben.

Im Gespräch erläutert Philip Meissner eine weitere Methode, die im Entscheidungsprozess helfen kann. Er erklärt auch, wie wir mit Zweifeln umgehen können. Klickt dafür oben auf den Play-Button, um das ganze Gespräch zu hören.

Shownotes
Veränderung
Entscheidungen treffen können wir lernen
vom 06. Januar 2024
Moderatorin: 
Ivy Nortey
Gesprächspartner: 
Philip Meissner, Wirtschaftswissenschaftler, ESCP Wirtschaftshochschule Berlin