Dass Melli ein Leben als digitale Nomadin führen würde, hätte sie nie gedacht – bis sie ihren jetzigen besten Freund kennenlernte. Psychologin Anna Lang erklärt, dass Menschen ihr Lebenskonzept über den Haufen werfen können, wenn sich ihre Ziele verändern.

Melli hat schon in einigen Ländern gelebt. Zurzeit wohnt sie in Sidi Kaouki, einer kleinen Stadt am Meer in Marokko. Vom dortigen Strand aus arbeitet sie für eine schwedische Firma, die in Göteborg ansässig ist.

Davor ist sie mit einer Freundin durch Thailand gereist und hat sich dort zur Thai-Masseurin ausbilden lassen. Noch länger ist es her, dass sie eine Zeit lang auf Teneriffa gelebt hat. Sie war Teil einer Hippie-Community, die eine Höhle am Strand bewohnt hat.

Melli reist und arbeitet von unterwegs.
© privat
Zurzeit arbeitet Melli in Marokko für eine schwedische Firma. Praktisch findet sie, dass beide Länder in der gleichen Zeitzone liegen.

Dass sie eines Tages durch die Welt reisen und ihr Geld verdienen würde, indem sie remote arbeitet, auf den Gedanken wäre Melli früher selbst nicht gekommen. Ursprünglich stammt sie aus Konstanz am Bodensee.

Nach der Schule arbeitete sie als Kellnerin, bis ihre Mutter sie davon überzeugte, stattdessen eine Ausbildung in einem Hotel anzufangen. Bis zu diesem Zeitpunkt verfolgte sie – mehr oder weniger bewusst – noch einen Lebensentwurf, der in der Regel vorwiegend Sicherheit und wenig Überraschungen bietet.

"In Mailand habe ich zum ersten Mal Couchsurfing ausprobiert. Ich hab mich inspiriert gefühlt von dem Lifestyle, den die Reisenden so haben."
Melli, digitale Nomadin

Aber mit ihrem Ausbildungsplatz im 5-Sterne-Hotel war Melli unzufrieden – sie haderte mit ihrer Entscheidung. Als sie einmal vier Tage Urlaub hatte, reiste sie spontan nach Mailand. Dort nutzte sie zum ersten Mal die Möglichkeit, per Couchsurfing privat unterzukommen.

"Über das Couchsurfen habe ich meinen besten Kumpel kennengelernt, mit dem ich auf meine erste Reise nach Teneriffa gegangen bin."
Melli, digitale Nomadin

Durch diese Erfahrung fühlte sie sich inspiriert und nahm nach ihrem kurzen Mailand-Aufenthalt auch Couchsurfende bei sich auf. Dadurch lernte sie einen ihrer besten Freunde kennen und bekam durch ihn eine neue Perspektive aufs Leben und aufs Reisen, sagt sie.

Sie entschied sich dann dazu, ihre Ausbildung abzubrechen und mit ihrem besten Kumpel nach Teneriffa zu reisen. Seit diesem Zeitpunkt reist sie durch verschiedene Länder. Manchmal bleibt sie mehrere Wochen und Monate an einem Ort oder sie bereist das ganze Land.

"Ich habe für mich herausgefunden, dass ich Kulturen kennenlernen will und in verschiedenen Ländern leben möchte."
Melli, digitale Nomadin

In welches Land sie als nächstes reisen wird, entscheidet sie meist spontan. Sie erhält immer wieder mal Anrufe von Freunden und Freundinnen, die ihr von dem Ort erzählen, an dem sie gerade sind, oder die sie fragen, ob sie gemeinsam reisen wollen. Oft packt sie dann spontan die Koffer und ist wieder unterwegs, erzält Melli.

Wenn sich Ziele verändern, werden Pläne oft verworfen

Lebensverändernde Entscheidungen fällen wir meist nicht von einem Moment auf den anderen, sagt die Psychologin Anna Lang. Oft handelt es sich dabei auch nicht um einen einzelnen Beschluss, sondern um eine Vielzahl von Entscheidungen. Und diese haben mehr oder weniger langfristige Konsequenzen, die dazuführen können, dass wir unseren Lebensweg in eine neue Richtung lenken, sagt die Psychologin.

"Eine fundamentale Zielverschiebung führt oft dazu, dass wir unser Leben total umkrempeln."
Anna Lang, Psychologin an der Uni Erfurt

Die Entscheidungen, die wir treffen, können von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst sein, sagt Anna Lang. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Personenfaktoren (kommen aus uns selbst)
  • Ziele (was will ich erreichen)
  • Kontextfaktoren (welche Möglichkeiten habe ich)

Zufallsbegegnungen können möglicherweise eine Rolle für wichtige Entscheidungen in unserem Leben spielen, indem wir durch sie neue Optionen, zum Beispiel andere Lebenskonzepte, kennenlernen, die uns vorher nicht bekannt waren, sagt Anna Lang.

"Was ich meinem Sohn empfehlen würde: Das Ganze mit einem kühlen Kopf zu betrachten."
Anna Lang, Psychologin an der Uni Erfurt

Um zu einer guten Entscheidung zu gelangen, empfiehlt die Psychologin zunächst die eigenen Optionen mit einem kühlen Kopf zu betrachten. Im zweiten Schritt rät Anna Lang, Deliberation und Intuition zu nutzen, um herauszufinden, welches die richtige Wahl für uns selbst ist.

Deliberation bedeutet dabei, dass wir systematisch und analytisch an eine bestimmte Fragestellung herangehen, erklärt sie. Und danach können wir unserer Intuition folgen. Das wiederum bedeutet, dass wir erspüren, mit welcher der gefundenen möglichen Entscheidungen wir uns wohler fühlen und diesen Weg dann einzuschlagen.

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Shownotes
Entscheidungen
Wenn eine Zufallsbegegnung unseren Lebensweg verändert
vom 24. Januar 2024
Moderation: 
Dominik Schottner
Gesprächspartnerin: 
Melli, digitale Nomadin und Travelerin
Gesprächspartnerin: 
Anna Lang, Psychologin an der Uni Erfurt
  • Melli erzählt, warum sie ihr recht konventionelles Leben aufgegeben hat.
  • Psychologin Anna Lang erklärt, warum es wichtig ist, Lebensentscheidungen auf den Prüfstand zu stellen.