Der Tiktok-Algorithmus führt dazu, dass wir Stunden mit der App verbringen und Entscheidungen fällen, die wir ohne Beeinflussung der Plattform vielleicht nicht treffen würden. Mit Gesetzen will die EU dem Suchtfaktor entgegenwirken.
Die App der Videoplattform Tiktok zieht weltweit Millionen von Menschen in den Bann. Einer Erhebung des Münchner Unternehmens "We Are Social" von 2023 zufolge, ist Tiktok zur sechstbeliebtesten Social-Media-Anwendung weltweit aufgestiegen. Allein in Deutschland verbringen Nutzer*innen fast einen Tag pro Monat komplett mit der App. Damit liegt sie bei der Nutzungsdauer weit vor anderen Social-Media-Apps.
Das chinesische Unternehmen Bytedance brachte Tiktok 2016 an den Start. Seitdem setzt das Unternehmen einen Algorithmus ein, der sich optimal auf unsere Vorlieben einstellt und entsprechende Inhalte ausspielt. Damit schafft es Tiktok, uns süchtig nach mehr zu machen.
Die EU will mit Gesetzen diesen Tiktok-Suchtfaktor verringern. Demnach soll Tiktok Nutzer*innen in der EU künftig die Wahl lassen, ob sie diesen auf sich persönlich zugeschnittenen Videofeed sehen möchten oder nicht.
"Wenn du deinen Tiktok-Habit nicht mehr im Griff hast, kannst du dir künftig selbst den Nachschub entziehen und den "Für Dich"-Live-Feed abstellen."
Das bedeutet, dass in den "Folge ich"- und Freunde-Timelines zwar weiter Creator erscheinen, denen wir folgen, aber sie werden in chronologischer Reihenfolge präsentiert. Das passiert, ohne dass das Personenprofil, das Tiktok von User*innen anlegt und auswertet. EU-Industriekommissar Thierry Breton sagte dem chinesischen Konzern Bytedance bereits im Juli, dass er die App schneller an die neuen Gesetze, den Digital Services Act (DSA), anpassen soll.
Der DSA tritt am 25. August in Kraft und sieht für Onlinedienste, Verkaufsplattformen und Suchmaschinen strengere Regeln vor. Sie müssen illegale Inhalte und Hassrede auf Plattformen besser bekämpfen. Außerdem müssen sie die Entscheidungsfreiheit und Autonomie der Nutzerinnen und Nutzer stärken.
"Die Nutzung von Dark Patterns ist dann verboten. Das sind Tricks und Kniffe, die uns dazu verleiten, Entscheidungen zu treffen, die wir aus freien Stücken vielleicht nicht getroffen hätten."
Zweifel an Wirksamkeit der EU-Gesetze
"Wir müssen uns fragen, wie zielführend die Wahl zum Abschalten des Tiktok-Suchtfaktors ist. Das ist so, wie wenn wir einem Drogensüchtigen die Möglichkeit geben, die Telefonnummern seiner Dealer im Handy zu verbergen", meint Deutschlandfunk-Nova-Netzreporterin Martina Schulte. Am Ende sei die Frage doch, wie viele Nutzer*innen von diesem neuen Dauervideo-Not-Aus-Knopf Gebrauch machen würden.
Ende der personalisierten Werbung für Nutzer*innen von 13 bis 17
In Anlehnung an den DSA hat Bytedance Tiktok nun so programmiert, dass User*innen zwischen 13 bis 17 Jahren keine personalisierte Werbung mehr angezeigt wird, "die auf ihren Aktivitäten auf oder außerhalb von TikTok basiert", schreibt heise.de.
Außerdem soll Tiktok gemäß der neuen EU-Gesetze transparent machen, wenn zum Beispiel ein Video rund um eine Wahl wegen irreführenden Aussagen offline geht. Die Creator sollen über die entsprechenden Gründe besser informiert werden, kündigt Tiktok an.
"Wenn Inhalte von Tiktok gekickt wurden, passierte das in der Vergangenheit eher willkürlich. Die Creator mussten dann rätseln, warum ihre Inhalte weg waren. Das ändert sich jetzt."
Tiktok verkündet außerdem, dass Nutzende in Zukunft eine zusätzliche Meldeoption für Inhalte zur Verfügung gestellt bekommen, die sie für illegal halten.