Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet, ob Klimaschutz ein einklagbares Menschenrecht ist. Mehrere Menschen aus drei europäischen Ländern klagen vor dem Gericht auf Erhaltung einer intakten Natur.

Die Klagen kommen aus der Schweiz, Portugal und Frankreich. Zunächst befasst sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit der Klage des "Vereins Klimaseniorinnen Schweiz". Rund 2000 Frauen, die auf ein Durchschnittsalter von 73 Jahren kommen, klagen gegen die Schweizer Klimapolitik. Greenpeace unterstützt die Klage des Vereins.

Die Seniorinnen fühlen sich besonders von extremen Hitzewellen bedroht. Sie wollen mit ihrer Klage erreichen, dass der EGMR die Schweiz anweist, mehr zu tun, um den Treibhausgasausstoß zu reduzieren, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Meike Glass. Die Seniorinnen berufen sich auf die Pflicht des Staates, Menschenrechte auf Leben und Gesundheit zu schützen.

"Die Seniorinnen sagen, der Klimawandel ist die größte einzelne Bedrohung für die Menschenrechte."
Meike Glass, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Die Seniorinnen begründen ihre Klage auch damit, dass der Klimawandel größte einzelne Bedrohung für die Menschenrechte sei.

Bedrohung der Menschenrechte durch Klimawandel

Die zweite Klage kommt von einem ehemaligen Bürgermeister aus Nordfrankreich. Sein Leben sei durch Hochwasser und Überflutung bedroht, die infolge des Klimawandels wahrscheinlicher werden. Er lebt direkt am Ärmelkanal. Der Bürgermeister will mit der Klage erreichen, dass Frankreich mehr unternimmt, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. In seiner Begründung nennt er sein Recht auf ein normales Privat- und Familienleben.

Die dritte Klage hat eine Jugendgruppe aus Portugal eingereicht, die sich gegen den Europarat richtet und erst im Sommer verhandelt wird.

Urteil mit Auswirkungen auf internationale Klimapolitik

Das Urteil in den beiden ersten Klagen wird noch Monaten dauern. Es sei aber auch möglich, dass die Entscheidung erst im nächsten Jahr komme.

"Falls eine der Klagen erfolgreich sein sollte, könnte das die internationale Klimapolitik beeinflussen."
Meike Glass, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

Ein Urteil zugunsten der Klimaseniorinnen wäre zwar erst einmal nur für die Schweiz bindend, dennoch könnte das Auswirkungen auf die internationale Klimaschutzpolitik haben. Weil der EGMR zum Europarat gehört, könnten die Urteile eine Symbolwirkung entfalten. Denn alle Länder, die die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben haben, müssten dann Klimaschutz als Menschenrecht ansehen.

Internationale Klage

Eine Gruppe Studierender aus Vanuatu will mit einer Resolution bei den Vereinten Nationen erreichen, dass der Internationale Strafgerichtshof (IGH) darüber entscheidet, ob ein Land verpflichtet werden kann, etwas gegen steigende Temperaturen zu unternehmen. Die Chancen, dass die Klage vor den IGH kommt, steht gut, meint Meike, "denn der Vorstoß wird schon von fast 120 anderen Ländern unterstützt."

Shownotes
Europäischer Gerichtshof
Ist Klimaschutz ein Menschenrecht?
vom 29. März 2023
Moderation: 
Diane Hielscher
Gesprächspartnerin: 
Meike Glass, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin